Obama und die Muslime:Reden und Warten

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Die Gesten von US-Präsident Barack Obama reichen der arabischen Welt noch nicht als Zeichen für einen Neuanfang.

Rudolph Chimelli

Die arabisch-islamische Welt wartet auf Signale des neuen amerikanischen Präsidenten Barack Obama. Ein erstes Zeichen ist die sofortige Reise des neu ernannten Nahost-Beauftragten George Mitchell nach Ägypten und Israel, in das Westjordanland, nach Jordanien und Saudi-Arabien.

US-Präsident Barack Obama. (Foto: Foto: AFP)

Unter Arabern stößt der ehemalige Senator Mitchell auf ein positives Vorurteil, weil seine Mutter eine maronitisch-katholische Libanesin war. Eine weitere Geste ist die Tatsache, dass Obama sein erstes Interview mit einem ausländischen Medium dem arabischen Fernsehsender al-Arabija gab, der sich in saudischem Besitz befindet.

Es weckt im Nahen Osten vorsichtige Hoffnungen, aber nicht mehr, dass der neue Präsident dabei Töne anschlug wie sie bisher aus Washington nicht zu hören waren. "Wenn Länder wie Iran den Willen zeigen, ihre Faust zu öffnen, dann werden sie unsere ausgestreckte Hand finden", sagte Obama. Im Interesse eines Friedens müssten auch die Israelis einige "schwierige Entscheidungen" treffen, meinte er.

Ferner hat Obama in seinen ersten Amtstagen mit den Chefs der wichtigsten Länder der Region telefoniert, auch mit dem Palästinenser-Präsidenten Machmud Abbas - nicht aber mit Vertretern der Hamas oder mit Teheran.

Diese Indizien sind indessen für die herrschende Meinung in den arabischen Ländern nicht ausreichend, um auf eine grundsätzliche Wende der amerikanischen Nahostpolitik zu schließen, die bisher auf der bedingungslosen Unterstützung Israels beruhte.

Zwar gaben die meisten arabischen Regime für Obama freundliche Begrüßungserklärungen ab. Auch mit Kritik halten sie sich vorerst zurück, denn sie wollen nicht schon in der Anfangsphase der neuen Regierung unnötig Animositäten wecken. Doch die Grundhaltung bleibt skeptisch.

Harsche Worte fand allein Ali Laridschani, der Vorsitzende des iranischen Parlaments. Amerikas " Schweigen zu Israels grausamem Spiel im Gaza-Streifen" hätte der Vorstellung vom Wandel "einen heftigen Schlag versetzt", urteilte Laridschani vor den Abgeordneten. Dadurch falle ein Schatten auf Obamas Versicherung, er werde neue Wege zu den muslimischen Ländern finden, gegründet auf gemeinsame Interessen und gegenseitiger Achtung. So wie der Iraner Laridschani denken auch viele Araber - ohne es zu sagen, wenn sie in verantwortlichen Positionen sind.

Da die Beilegung des Streits zwischen Israel und den Palästinensern nach allgemeiner Überzeugung die Voraussetzung für einen umfassenden Frieden im Nahen Osten ist, muss nach dieser Logik jeder erfolgreiche Schritt die Hamas-Bewegung einschließen. Sie beherrscht Gaza und hat im Westjordanland durch ihr Überleben im dreiwöchigen israelischen Bombenhagel Ansehen gewonnen. Solange Obama mit der Hamas nicht reden will, hat sich nichts geändert.

Optimisten setzen deshalb ihre Hoffnungen darauf, dass die Haltung unabhängiger Fachleute in Washington mehr Einfluss gewinnen möge. Als einer von ihnen gilt Richard Murphy, ehemals Staatssekretär sowie US-Botschafter in Syrien und Saudi-Arabien.

Murphy warnte bereits, genau so wie die USA für den Frieden mit Israel und den Palästinensern mehr erreicht hätten, wenn sie nicht 13 Jahre lang Gespräche mit der Palästinensischen Befreiung-Organisation ausgeschlossen hätten, so gingen sie jetzt das gleiche Risiko ein, indem sie nicht mit der Hamas verhandeln wollten. Politische Kontakte mit der Hamas seien auf die Dauer unvermeidlich.

Pessimisten verzeichnen auch negative Schritte Obamas. Er lässt den Raketenbeschuss auf pakistanische Stammesgebiete fortsetzen und will den Krieg in Afghanistan intensivieren. Die Reise in ein islamisches Land, die Obama in seinen ersten 100 Amtstagen machen will, soll keinen arabischen Staat, sondern Indonesien zum Ziel haben. Dort hat der Präsident als Kind gelebt.

© SZ vom 28.01.2009/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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