Obama: Nahost-Politik:"Mit aggressiven Schritten zum Frieden"

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Gerade erst hat Barack Obama die Schließung Guantanamos verkündet, schon wendet sich der neue US-Präsident dem nächsten Krisenherd zu - dem Nahen Osten.

Der neue US-Präsident Barack Obama hat an seinem zweiten vollen Arbeitstag zentrale Eckpunkte seiner Außen- und Anti-Terror-Politik definiert. Er bekräftigte das Ziel einer umfassenden Friedenslösung im Nahen Osten, das er mit "aktiven und aggressiven" Schritten verfolgen wolle. Kurz zuvor hatte er die Schließung des heftig kritisierten Gefangenenlagers Guantánamo Bay auf Kuba binnen eines Jahres angeordnet.

Ziel ist eine umfassende Friedenslösung: US-Präsident Barack Obama hört dem neuen Nahost-Sonderbeauftragten George Mitchell aufmerksam zu. (Foto: Foto: Reuters)

Die USA stünden hinter den Sicherheitsbedürfnissen Israels, betonte Obama in seiner ersten ausführlichen Erklärung zur jüngsten Krise in Nahost. Zugleich sei "eine Zukunft ohne Hoffnung" für die Palästinenser inakzeptabel. Ziel sei eine Zwei-Staaten-Lösung. Obama berief den krisenerfahrenen früheren Nordirland-Vermittler George Mitchell zum Nahost-Sonderbeauftragten.

"Wir werden stets Israels Recht auf Selbstverteidigung unterstützen", sagte der Präsident. Die radikalislamische Hamas müssen den "Terror des Raketenbeschusses" gegen unschuldige Israelis stoppen. Umgekehrt müsse Israel den Abzug seiner Truppen aus dem Gaza-Streifen abschließen, forderte der neue Mann im Weißen Haus.

Zugleich sei er tief besorgt über die humanitäre Lage im Gazastreifen. "Wir sind in Gedanken bei den palästinensischen Zivilisten, die umgehend Nahrung, sauberes Wasser sowie medizinische Versorgung benötigen und die viel zu lange schon unter unerträglicher Armut leiden", erklärte Obama. Er sprach sich für eine Öffnung der Grenzen zum Gaza-Streifen aus, um Hilfslieferungen zu ermöglichen.

Israel will Grenzen noch nicht vollständig öffnen

Israel wies die Forderung Obamas und der Europäischen Union nach einer vollständigen Öffnung der Grenzübergänge zum Gazastreifen jedoch zurück. Solange die radikal-islamische Hamas dort das Sagen habe oder von einer Lockerung der Kontrollen profitieren könne, werde Israel die Übergänge nicht öffnen, sagte ein ranghoher Berater von Ministerpräsident Ehud Olmert vor Journalisten im Hauptquartier der israelischen Armee in Tel Aviv. Der Berater wollte jedoch nicht namentlich genannt werden.

Israel werde lediglich die größtmögliche Lieferung von Lebensmitteln, Medikamenten sowie Öl und Gas zulassen, um der Bevölkerung eine Erholung von den dreiwöchigen Militärangriffen zu ermöglichen, sagte er weiter. Die Lieferung von Baumaterialien zum Wiederaufbau müsse jedoch noch warten. Israel wolle vor allem verhindern, dass die Hamas die Kontrolle über die Grenzübergänge erlange und damit ihre Macht zementieren könne.

Einen Tag nach einem Telefonat zwischen dem neuen US-Präsidenten Barack Obama und dem israelischen Regierungschef zeigte sich der Berater zuversichtlich, dass auch die neue US-Regierung direkte Verhandlungen oder Kontakte mit der Hamas ablehnen wird. Er sagte jedoch nicht, dass Obama dies ausdrücklich angekündigt habe.

Hamas: Keine Veränderung zu Bush

Die Hamas wiederum erklärte, dass Obama keine Veränderung zu seinem Vorgänger George W. Bush darstelle. Er wiederhole dessen Fehler in der Nahost-Politik, sagte der Hamas-Vertreter im Libanon, Osama Hamdan, dem Fernsehsender al-Dschasira. "Obama beharrt darauf, dass sich nichts verändern wird. Er versucht, dem gleichen Weg zu folgen, den frühere US-Präsidenten gegangen sind."

Außenministerin Clintion telefoniert mit Abbas und Olmert

Die neue US-Außenministerin Hillary Clinton telefonierte mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas und dem israelischen Regierungschef Ehud Olmert.

Abbas sagte Clinton, im Hinblick auf einen umfassenden Friedensvertrag werde er mit der neuen US-Regierung zusammenarbeiten. Clinton und Obama hätten sich für die Gründung eines palästinensischen Staates und die Linderung der Leiden der Bevölkerung im Gazastreifen ausgesprochen, teilte Abbas' Büro mit.

Olmert sagte Clinton nach Angaben seiner Mitarbeiter, Israel sei nach wie vor dem Friedensprozess verpflichtet und werde sich sehr bemühen, den Bewohnern des Gazastreifens humanitäre Hilfe zu gewähren.

Neben Mitchell berief Obama den früheren US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, Richard Holbrooke, zum Sonderbeauftragten für Pakistan und Afghanistan. Die beiden südasiatischen Krisenländer seien die "zentrale Front" im Kampf gegen den Terrorismus, sagte der Präsident. "Die Situation ist gefährlich." Das Terrornetzwerk al-Qaida plane weiter Anschläge, warnte Obama.

Das neue Team im Weißen Haus arbeitet zudem intensiv an einem weltweit beispiellosen Konjunkturpaket im Wert von vermutlich mehr als 800 Milliarden Dollar. Der Finanzausschuss des Senats votierte am Donnerstag für die Nominierung des künftigen Finanzministers Timothy Geithner. Eine Bestätigung durch den Gesamtsenat stand noch aus.

Obamas Sicherheitsexperten und Militärberater trieben unterdessen die Pläne für einen Abzug der 130.000 US-Soldaten aus dem Irak bis Mitte 2010 voran. Mit Hillary Clinton, die vom Senat die erwartete Bestätigung erhielt, bekam auch die US-Außenpolitik ein neues Gesicht. "Ich glaube von ganzem Herzen, dass dies eine neue Ära für Amerika ist", sagte sie bei ihrer Antrittsrede im US-Außenministerium am Donnerstag zur Präsidentschaft Obamas.

© dpa/Reuters/segi/gba/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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