NSU-Prozess:Zschäpe schreibt selbst Befangenheitsantrag gegen Richter Götzl

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  • Richter Götzl hatte es abgelehnt, Zschäpes Wahlverteidiger Borchert als Pflichtverteidiger zu bestellen und die Kosten für seine Arbeit vom Steuerzahler übernehmen zu lassen.
  • Zschäpe spricht seit Monaten nicht mehr mit ihren Alt-Anwälten Sturm, Stahl und Heer, da sie nach eigenen Worten zu diesen kein Vertrauen mehr habe.
  • In ihrem Befangenheitsantrag schwingt mit, dass sie ohne fünften Pflichtanwalt möglicherweise keine Angaben mehr zur Anklage machen werde.

Von Annette Ramelsberger

Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess Beate Zschäpe will sich nicht damit zufrieden geben, dass ihr das Gericht zu ihren drei alten und einem neuen Pflichtverteidiger nicht auch noch einen fünften Pflichtverteidiger bestellt. In einem handschriftlichen Schreiben an das Gericht stellte Zschäpe am Mittwoch deswegen einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl. Der hatte vergangene Woche abgelehnt, zu Zschäpes vier Anwälten auch noch ihren Wahlverteidiger Hermann Borchert als Pflichtverteidiger zu bestellen und die Kosten für seine Arbeit vom Steuerzahler übernehmen zu lassen. Zschäpe selbst ist mittellos.

Zschäpe schreibt, Anwalt Borchert habe sie seit Sommer 2014 mindestens 80 mal in der Haft besucht und ohne ihn wäre es nicht dazu gekommen, dass sie Aussagen vor Gericht macht. Nur durch die Beratung von Borchert und seines Kollegen Mathias Grasel "war es mir möglich und wird es mir zukünftig möglich sein, mich zur Anklage sachgerecht zu äußern". In diesem Satz lässt Zschäpe mitschwingen, dass sie ohne fünften Pflichtanwalt möglicherweise keine Angaben mehr zur Sache machen werde.

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Vier Pflichtverteidiger müssen für die Hauptangeklagte reichen, entscheidet der Richter im NSU-Prozess. Damit kann Beate Zschäpe ihren Wunschkandidaten nicht durchsetzen.

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Zschäpe und ihre alten Verteidiger sprechen seit Monaten nicht miteinander

Sie hat bisher einmal eine Erklärung durch ihren Anwalt verlesen lassen und 54 Fragen des Gerichts beantwortet. Die Antworten auf 39 weitere Fragen stehen noch aus. Sie sind eigentlich für nächste Woche vorgesehen.

Immer wieder geht Zschäpe in ihrem Schreiben darauf ein, dass sie kein Vertrauen mehr zu ihren alten Anwälten Sturm, Stahl und Heer habe. Und sollte ihr neuer Vertrauensanwalt Grasel einmal krank sein, dann gebe sie zu bedenken, "dass ich dann gänzlich ohne einen Verteidiger meines Vertrauens dastehen würde". Ohne einen, der "auch in die konkrete Verteidigungsstrategie eingearbeitet ist".

Zschäpe und ihre alten Verteidiger sprechen seit Monaten nicht mehr miteinander, das Gericht entbindet die drei aber nicht von der Verteidigung und erklärt, sie würden Zschäpe ja verteidigen und könnten sich auf die neue Strategie einstellen. Das will Zschäpe nicht akzeptieren.

Zschäpes Wahlverteidiger Hermann Borchert hatte der SZ nach der Entscheidung des Gerichts, ihn nicht als Pflichtverteidiger zu bestellen, gesagt, er bleibe gleichwohl Zschäpes Anwalt bis zum Urteil.

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