Norwegen:Wer ignoriert, verliert

Die Arbeiterpartei traut sich nichts, und kassiert eine Schlappe.

Von Silke Bigalke

Jonas Gahr Støre ist in den Wahlkampf gegangen wie einer, dem der Sieg nicht zu nehmen ist. Als würden die Norweger nach vier Jahren konservativer Regierung automatisch zur Arbeiterpartei zurücktrotten, so wie das meistens war. Dem Sozialdemokraten fiel nichts Neues ein, seine Antworten unterschieden sich wenig von denen des politischen Gegners. Das führte nicht nur dazu, dass die Arbeiterpartei verdient hoch verloren hat. Schlimmer ist, dass grundlegende Probleme unausgesprochen blieben.

In einem Land mit nur fünf Millionen Einwohnern ist es verständlich, dass sich die Parteien auf die Mitte konzentrieren. Entscheidungen, die Norwegen langfristig prägen, treffen Opposition und Regierung oft gemeinsam, etwa wie sie den Erdölreichtum verwalten oder die Einwanderung regeln. So sorgen sie für Kontinuität. Doch das, was Norwegen in seiner Erdölabhängigkeit jetzt braucht, ist Wandel.

Die Sozialdemokraten haben der Regierung zwar schlechtes Krisenmanagement vorgeworfen, als der Ölpreis fiel und Zehntausende Jobs verloren gingen. Doch die Regierung hat mit Ölgeld einfach neue Jobs geschaffen und die Symptome der Krise kuriert. Die Norweger spüren also keine Krise, sie vergessen leicht, dass der Erdölsegen endlich ist. Das auszusprechen und die Konsequenzen daraus zu ziehen, wäre für die Arbeiterpartei wirklich etwas Neues gewesen. Dazu fehlte ihr aber der Mut.

© SZ vom 13.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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