Nordrhein-Westfalen:Halbwissen und Schweigen

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Regierungschef Laschet gerät in der "Hacker-Affäre" weiter unter Druck: Bereits Ende März wusste er, dass es keinen Cyber-Angriff auf die Wohnung der mittlerweile zurückgetretenen Ministerin Schulze Föcking gegeben hatte.

Von Christian Wernicke, Düsseldorf

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) gerät in der "Hacker-Affäre" weiter unter Druck. Am Mittwoch räumte die Landesregierung ein, dass der Regierungschef bereits Ende März wusste, dass es - anders als von seinem Sprecher Christian Wiermer knapp zwei Wochen zuvor verbreitet - keine Cyber-Attacke auf die private Wohnung der damaligen NRW-Agrarministerin Christina Schulze Föcking gegeben hatte. Die am Dienstag zurückgetretene Ministerin hatte erst am 7. Mai, also fast sechs Wochen nach der ersten Entwarnung der Ermittler, den falschen Alarm eingeräumt. Nach einer zum Teil turbulenten Fragestunde im Düsseldorfer Landtag drohten Sprecher der oppositionellen SPD und der Grünen, die Affäre notfalls in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufarbeiten und Laschet zur Rede stellen zu wollen.

Laschet selbst wich der parlamentarischen Fragestunde am Mittwoch aus. Wegen "dienstlicher Gespräche" ließ er seinen Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) auf die Fragen der Opposition antworten. Dieser trat dem Vorwurf entgegen, Laschets Sprecher habe den inzwischen widerlegten Hackerangriff am 15. März ohne hinreichende Informationen aufgebauscht, um eine angeschlagene Ministerin zu schützen. Am Tag danach hatten alle Landtagsfraktionen Schulze Föcking ihre "Solidarität" ausgesprochen.

Die Ermittlungen hatten jedoch bald ergeben: Es gab keine Hacker. Es waren keine virtuellen Eindringlinge, die ferngesteuert auf dem TV-Gerät im Wohnzimmer der Ministerin ein Video abspielten, das Schulze Föcking in einer Landtagsdebatte um leidende Tiere auf ihrem familiären Schweinemast-Betrieb zeigten. Vielmehr hatte ein Familienmitglied die Aufzeichnung per Tablet versehentlich gestartet.

Die grüne Fraktionschefin Monika Düker sagte nach der Fragestunde, es bleibe der Verdacht bestehen, Regierungssprecher Wiermer habe mit seiner Erklärung von Mitte März "die Öffentlichkeit getäuscht". Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Kutschaty warf dem Regierungschef "Vertrauensbruch" vor: Laschet hätte seine Ministerin drängen müssen, früher die Wahrheit zu veröffentlichen - oder Wochen früher selbst für volle Aufklärung sorgen müssen.

An diesem Donnerstagabend soll es zu der Affäre eine Aktuelle Stunde im Landtag geben - dann soll Laschet selbst auftreten.

© SZ vom 17.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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