Gehorsam bis in den Tod: Nach der Ernennung Kim Jong Uns zum Oberbefehlshaber der Armee hat Nordkorea das neue Jahr mit einem Aufruf zur absoluten Gefolgschaft des Sohns und Nachfolgers von Ex-Diktator Kim Jong Il begonnen. Die Partei, die Streitkräfte und das gesamte Volk sollten von der festen Überzeugung geleitet sein, "menschliche Bollwerke und Schilde zur Verteidigung Kim Jong Uns bis zum Tod zu werden".
Das stand am Sonntag in einem Neujahrsleitartikel der offiziellen Zeitungen des kommunistischen Landes. Staatsmedien berichteten, dass die herrschende Arbeiterpartei Kims jüngstem Sohn nun auch den Oberbefehl über die 1,2 Millionen Mann starke Volksarmee übertragen habe. Die Übernahme des Postens von seinem Vater ist ein klares Zeichen dafür, dass der erst knapp 30-jährige Kim Jong Un seine Stellung weiter gefestigt hat.
"Militär-Zuerst"-Politik
Beobachter gehen davon aus, dass Nordkorea die Machtübertragung beschleunigen will. Die Verkündung durch das Politbüro der Partei kam einen Tag nach Ende einer 13-tägigen Trauerzeit für Kim Jong Il. Bereits am Donnerstag hatte das Regime Kim Jong Un zum "obersten Führer" der Partei, des Militärs und des Volkes ausgerufen. Die Armee ist ein wichtiger Machtfaktor in dem Staat, dessen Führung eine "Militär-Zuerst"-Politik verfolgt.
Nach Einschätzung Südkoreas und der USA vollzieht sich der Übergang in Nordkorea bisher stabil. Kim Jong Il, der nach offizieller Darstellung am 17. Dezember infolge eines Herzinfarkts gestorben war, hatte seinen Sohn schrittweise auf die Nachfolge vorbereitet.
Der gemeinsame Leitartikel gab das Motto aus: "Preist 2012 als Jahr des stolzen Sieges, ein Jahr, wenn eine Ära des Wohlstands sich entfaltet." Im neuen Jahr würden die entsprechende Pläne Kim Jong Ils "glänzende Früchte" hervorbringen. Dazu sollten unbeschränkte Anstrengungen unternommen werden.
Forderung nach Truppenabzug
Allerdings räumte das Land erneut erhebliche Schwierigkeiten bei der Ernährung der Bevölkerung ein. Dies sei "ein brennendes Problem beim Aufbau eines blühenden Landes". 2012 gilt für Nordkorea wegen des 100. Geburtstags von Kim Jong Ils Vater, dem nach wie vor als gottgleich verehrten "ewigen Präsidenten" Kim Il Sung, im April als besonders wichtiges Jahr.
Das verarmte, aber hochgerüstete Land ist nach einer Reihe von Naturkatastrophen und wegen Misswirtschaft seit Jahren auf Hilfe von außen angewiesen. Die Streitkräfte sollen gestärkt werden, hieß es. Zudem bekräftigte Nordkorea nach längerer Unterbrechung in einer Neujahrsbotschaft wieder die Forderung an die USA, ihre in Südkorea stationierten 28.500 Soldaten zurückzuziehen. Das nordkoreanische Regime wirft ihnen vor, "imperialistische Invasionstruppen" zu sein.
Das Atomwaffenprogramm des Landes erwähnte Nordkorea am Sonntag nicht. Kim Jong Il hatte sich zuletzt zur Wiederaufnahme von Gesprächen mit den USA, China, Südkorea, Russland und Japan über sein Atomprogramm bereiterklärt. Eine konkrete Zusage gab es aber bisher nicht.