Nigeria:Zum Selbstmord gezwungen

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Die nigerianische Terrormiliz Boko Haram hat in den vergangenen Jahren Tausende Kinder entführt. Viele werden als Attentäter missbraucht.

Die nigerianische Islamistengruppe Boko Haram missbraucht immer mehr Kinder als Selbstmordattentäter. Wie das UN-Kinderhilfswerk Unicef am Mittwoch mitteilte, sprengten sich in Nigeria und den Nachbarländern Tschad, Niger und Kamerun seit 2014 insgesamt 117 Minderjährige an öffentlichen Plätzen in die Luft. Die "überwiegende Mehrheit" der Attentäter seien Mädchen gewesen.

Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres seien schon 27 Kinder als Selbstmordattentäter in den Tod geschickt worden, erklärte Unicef. Im Vorjahreszeitraum seien es neun gewesen. Im gesamten Jahr 2016 zählte Unicef 30 minderjährige Selbstmordattentäter. 2015 waren es 56 und 2014 vier. Der Anstieg sei "alarmierend", erklärte die Unicef-Regionaldirektorin für West- und Zentralafrika, Marie-Pierre Poirier. Selbstmordattentate seien "der schlimmstmögliche Einsatz von Kindern in einem Konflikt". Diese Kinder seien in erster Linie Opfer und keine Täter.

Unicef veröffentlichte den Bericht kurz vor dem dritten Jahrestag der Entführung von mehr als 200 Schülerinnen aus der nigerianischen Stadt Chibok. Boko-Haram-Kämpfer hatten die Mädchen verschleppt. Sie waren in den darauffolgenden Wochen und Monaten zum Symbol geworden für die schreckliche Lage der Zivilbevölkerung im Nordosten Nigerias. Einige der Schülerinnen wurden zwischenzeitlich befreit, doch die meisten von ihnen sind bis heute verschwunden.

Laut Unicef wurden in den vergangenen Jahren Tausende Mädchen und Jungen von Boko Haram verschleppt und als Kämpfer, Helfer oder Sexsklavinnen missbraucht. Sie wurden demnach mit Gewalt, Drohungen oder Versprechungen dazu gebracht, beispielsweise als Koch, Fahrer oder Wachtposten zu arbeiten, zu kämpfen oder Kämpfer zu heiraten. Das Leid der Opfer sei oft auch dann nicht vorbei, wenn sie nach Monaten oder Jahren aus der Gefangenschaft fliehen oder befreit werden könnten, erklärte Unicef. Oft würden die Minderjährigen wegen angeblicher Verbindungen mit Boko Haram noch von der nigerianischen Armee festgehalten.

Boko Haram kämpft seit Jahren für einen Gottesstaat im mehrheitlich muslimischen Nordosten Nigerias. Geschätzt 20 000 Menschen wurden in dem Konflikt bisher getötet, 2,6 Millionen mussten vor der Gewalt fliehen. 2014 weitete die Miliz ihre Angriffe auf die Nachbarländer Kamerun, Niger und Tschad aus.

© SZ vom 13.04.2017 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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