Neues Zentrum gegen Extremismus:Länder fühlen sich übergangen

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Abwehrzentren gegen islamistischen Terror und Rechtsextremismus gibt es schon seit Jahren. Jetzt will der Bund den Kampf gegen extremistische Gefahren bündeln und baut im Eiltempo ein neues Zentrum auf. Die Länder wurden darüber kurzfristig informiert - und fühlen sich übergangen.

Mit einem neuen Abwehrzentrum wollen die deutschen Sicherheitsbehörden ihren Kampf gegen alle extremistischen Gefahren bündeln. Zu den bisherigen Einrichtungen gegen islamistischen Terror und Rechtsextremismus kommt nun eine weitere: Dabei sollen Polizei und Nachrichtendienste gemeinsam auch Linksextremismus, Ausländerextremismus, Spionage und Proliferation in den Blick nehmen und sich austauschen. Das Zentrum wird in Köln und in Meckenheim bei Bonn sitzen und bereits in der nächsten Woche seine Arbeit aufnehmen.

In Deutschland gibt es seit 2004 ein Abwehrzentrum zur Bekämpfung von islamistischem Terrorismus in Berlin. Hintergrund waren die Anschläge vom 11. September 2001. Dort arbeiten 40 Behörden aus Bund und Ländern zusammen - darunter Polizei, Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst. Nach dem Bekanntwerden der Neonazi-Mordserie gründeten Bund und Länder Ende des vergangenen Jahres nach diesem Vorbild ein zentrales Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus in Köln und Meckenheim. Das neue Zentrum soll nach dem gleichen Prinzip arbeiten.

Daran beteiligt sein sollen das Bundeskriminalamt (BKA) und die 16 Landeskriminalämter, Verfassungsschutz in Bund und Ländern, Bundespolizei, Bundesnachrichtendienst, Zollkriminalamt, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, der Militärische Abschirmdienst und Vertreter des Generalbundesanwalts. Die Experten sollen sich in verschiedenen Arbeitsgruppen regelmäßig zusammensetzen und über aktuelle Gefahren austauschen - je nach Bedarf täglich, wöchentlich oder auch nur alle paar Wochen oder Monate.

Zu kurzfristig, zu wenig Personal

Aus Sicherheitskreisen hieß es, einige Bundesländer seien wegen des zügigen Starts verstimmt. Die Länder sollen sich mit ihren Sicherheitsbehörden beteiligen. Der Bund hatte die Länder erst Anfang der Woche über die Details des neuen Zentrums, in das auch sie Vertreter entsenden sollen, informiert. Aus einigen Ländern komme nun Widerstand, berichteten die Sicherheitskreise. Die Klage dort: Die Vorlaufzeit sei zu kurz und das Personal zu knapp, um auch dieses Abwehrzentrum zu besetzen. "Wir nehmen diese Kritik zur Kenntnis", hieß es dazu von Bundesseite. Von einer Überraschung könne aber keine Rede sein. Die Debatte über ein solches Zentrum laufe schon seit Jahren. Wie viele Länder schon ab nächster Woche in Köln und Meckenheim mitarbeiten, ist wegen der Verstimmungen noch unklar.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wird das Zentrum am Donnerstag in Köln am Sitz des Bundesamts für Verfassungsschutz eröffnen. Weiterer Standort ist - wie beim Abwehrzentrum gegen Rechts - der Sitz des BKA in Meckenheim. Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, sagte, die neue Einrichtung sei ein wichtiger Schritt für den Informationsaustausch zwischen den Behörden. Aus Sicherheitskreisen hieß es, es gebe dringenden Bedarf, alle extremistischen Gefahren im Austausch zwischen Bund und Ländern in den Blick zu nehmen.

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