Nationales Waffenregister:Fahndung per Knopfdruck

Lesezeit: 2 min

Künftig sollen alle Waffen in Deutschland in einer zentralen Datei verzeichnet sein. Innenminister Friedrich hofft, dass sich so Straftaten schneller aufklären lassen. Dauerte es bisher Monate, eine Auskunft zu einer Waffe zu erhalten, soll dies in Zukunft innerhalb von Minuten möglich sein.

Silke Bigalke

Vergangenes Jahr sind bei 11.700 Straftaten in Deutschland Schusswaffen verwendet worden, von Überfällen bis hin zum Mord. Doch herauszufinden, wem die Waffe gehört, die ein Täter einsetzt, versucht die Polizei oft gar nicht erst. Denn sie müsste dafür 552 lokale Behörden in ganz Deutschland anschreiben, Gemeinden, Landkreisämter, Polizeipräsidien. Dort sind Schusswaffen und ihre Besitzer registriert, in ganz unterschiedlichen Karteien. Eine Antwort bekommt die Polizei oft erst nach Monaten.

Das soll mit dem Nationalen Waffenregister, das Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich am Montag in Berlin vorstellte, anders werden. Darin sind alle in Deutschland registrierten Schusswaffen erfasst, samt Besitzer und dessen Adresse. "Ich glaube, dass dadurch ein erheblicher Sicherheitsgewinn erreicht wird", sagte Friedrich. Vom 1. Januar 2013 an soll das Register verwendet werden können.

Wie viele registrierte Waffen gibt es überhaupt in Deutschland?

Derzeit speist eine Behörde nach der anderen ihre Daten ein. Wenn alle Informationen zusammengetragen sind, kann man genau sagen, wie viele registrierte Waffen es überhaupt in Deutschland gibt. Dazu existieren bisher nur Schätzungen; die von Friedlich liegt bei sechs Millionen Schusswaffen.

Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), erklärte den Nutzen des Waffenregisters am Beispiel der Ermittlungen zur Zwickauer Terrorzelle. Diese hat neun Morde mit derselben Waffe begangen, einer Ceska 83. Um den Besitzer der Waffen zu finden, mussten alle Waffenbehörden ihre Dateien überprüfen, die letzten Ergebnisse erreichten das BKA erst nach vier Monaten. Erst dann war klar, dass die Waffe aus dem Ausland kam. "Mit dem Register hätten wir das per Knopfdruck recherchieren können", sagt Ziercke. Gerade bei schweren Verbrechen sei dieser Zeitgewinn wichtig. "Für die Ermittler ist entscheidend, dass sie direkt per Funk - womöglich noch vom Tatort aus - auf die Informationen zugreifen können."

Als weiteres Beispiel nannte Ziercke Amokläufe: Vor allem jugendliche Täter kündigten diese oft im Internet an. Mit dem Waffenregister könne man überprüfen, ob es im Umfeld des Verdächtigen Schusswaffen gibt und damit die Gefahr besser einschätzen.

Lebenslauf einer Waffe

Innenminister Friedrich will das Register noch weiter ausbauen. Demnach soll es bald nicht nur den Besitzer, sondern auch den Vorbesitzer, Händler und womöglich Importeur anzeigen - und so den gesamten Lebenslauf einer Waffe. Das könnte laut Ziercke dabei helfen, die Täter zu finden, die illegal im Besitz einer Waffe sind und nicht im Register stehen. Er schätzt, dass in 20 bis 30 Prozent der Straftaten mit illegalen Waffen geschossen wird. Bis die Herkunft der Waffen erfasst ist, wird es laut Friedrich aber noch ein bis zwei Jahre dauern.

Der Bundestag hatte das Nationale Waffenregister bereits im April beschlossen. Doch es dauerte eine Weile, die unterschiedlichen Systeme, in denen Waffen bisher erfasst waren, zusammenzuführen. Zudem muss das Bundesverwaltungsamt, das das Register nun erstellt hat, jede Behörde, die es verwenden wird, auf ihre Sicherheit hin überprüfen. Denn die Datei könnte in den falschen Händen Verheerendes anrichten.

Friedrich hatte keine andere Wahl: Die Waffenrichtlinie der EU verpflichtet alle EU-Länder, ein solches Register einzuführen. Auf die Frage, ob das Waffenrecht in Deutschland angesichts der vielen Waffen nicht zu locker sei, antwortete Friedrich: "Ich glaube, wir haben ein sehr strenges Waffengesetz." Er denke aber, dass Waffenbesitzer zukünftig häufiger kontrolliert würden.

© SZ vom 20.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: