Muslime:Spiralen des Misstrauens

In Österreich gibt es mit die meisten Vorurteile gegen Muslime.

Von Matthias Drobinski

Fast alle Muslime in den Ländern der EU identifizieren sich mit ihren neuen Heimatstaaten. Sie haben nichts gegen einen Nachbarn, der anders glaubt. Sie vertrauen Polizei und Politik, obwohl fast 40 Prozent von ihnen von Diskriminierungen berichten. Sie haben aber häufiger Vorurteile gegen Schwule und Lesben. Die Studie der EU-Grundrechteagentur liefert Nachrichten aus dem ganz banalen Zusammenleben: Dies läuft gut und jenes nicht so, man hangelt sich von Problem zu Lösung zu Problem, und irgendwie funktioniert es.

Das Problem ist, dass man dies so sagen, betonen, hervorheben muss: Seht her, normale Bürger sind sie! Glaubensfrömmer als die Mehrheit und staatsfrömmer; den Schmerz verpacken sie im Innern, dass Name, Haare, Haut bei der Arbeits- und der Wohnungssuche schaden und die Polizei aufmerksam werden lassen. Ja, das ist eine Nachricht, wenn Muslime zu Problemen auf zwei Beinen (und mit Kopftuch oder Bart) gemacht werden, zu Fremdkörpern und potenziellen Terroristen, und Europas Rechtsradikale ihre Bürgerrechte infrage stellen.

Denn das hat Folgen für das Zusammenleben, auch das zeigt die Studie. In Österreich, wo es mit die meisten Vorbehalte und Vorurteile gegenüber Muslimen gibt, sinkt auch die Identifikation der Muslime mit dem Land. Die Spiralen des Misstrauens und der Desintegration funktionieren gut. Beängstigend gut.

© SZ vom 22.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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