Muslime:Kein Kopftuch auf der Richterbank

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Das Bundesverfassungsgericht hat den Eilantrag einer muslimischen Referendarin abgelehnt. Als "Repräsentantin der Justiz" könne sie ihren Einsatz auf der Richterbank nicht mit Kopftuch absolvieren.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Eine muslimische Frau, die ihr Referendariat bei der hessischen Justiz absolviert, wird bei Verhandlungsterminen vorerst ohne Kopftuch auskommen müssen. Das Bundesverfassungsgericht hat ihren Eilantrag abgelehnt. Sie wollte in dieser Woche einen Termin als "Sitzungsvertreterin" der Frankfurter Amtsanwaltschaft mit Kopftuch absolvieren. Das hessische Justizministerium hatte ihr untersagt, bei den üblichen Ausbildungsterminen als Leiterin von Sitzungen auf der Richterbank die Kopfbedeckung zu tragen. Sobald sie als "Repräsentantin der Justiz" auftrete, müsse sie das religiöse Symbol abnehmen. Der Karlsruher Eilbeschluss stellt freilich noch keine abschließende Entscheidung dar, weil das Gericht nur eine Folgenabwägung vorgenommen hat. Ein Eingriff in die Religionsfreiheit wäre demnach jedenfalls nicht so gravierend, weil die Referendarin ihren Dienst meist mit Kopftuch absolvieren darf - solange sie nicht selbst auf der Richterbank sitzt.

Richter sollen unparteilich und neutral sein. Ein religiöses Bekenntnis ist da fehl am Platz

Das Kopftuch für muslimische Richterinnen und Referendarinnen ist in mehreren Bundesländern umstritten. Beim Verwaltungsgericht Augsburg hatte vergangenes Jahr eine Referendarin vorerst eine Kopftucherlaubnis durchgesetzt; das Land Bayern hat Berufung eingelegt und plant nun ein gesetzliches Verbot. Baden-Württemberg hat bereits im Frühjahr das Tragen religiöser Symbole im Richterdienst untersagt. Der Ausgang des Karlsruher Verfahrens in der Hauptsache dürfte also bundesweit Beachtung finden. Die Begründung des Eilbeschusses lässt ahnen, dass die Richter ein Verbot des Kopftuchs im Gerichtssaal möglicherweise eher bejahen werden als in Schulen. 2015 hatte das Gericht Kopftücher für muslimische Lehrerinnen generell erlaubt; nur bei akuter Gefahr für den Schulfrieden dürfen solche religiösen Symbole untersagt werden. Zwar heben sie auch dieses Mal hervor, dass die Religionsfreiheit - jedenfalls im Prinzip - auch im öffentlichen Dienst gilt. Musliminnen könnten sich auch im Rahmen des juristischen Vorbereitungsdienstes auf den Schutz der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit berufen.

Nach den Worten einer Kammer des Zweiten Senats unter Vorsitz von Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle spielt aber der Grundsatz der religiösen Neutralität des Staates gerade in der Justiz eine besonders wichtige Rolle. Das Grundgesetz garantiere jedem an einem Prozess Beteiligten, vor einem unabhängigen und unparteilichen Richter zu stehen. "Die richterliche Tätigkeit erfordert daher unbedingte Neutralität gegenüber den Verfahrensbeteiligten." Mit dem Tragen eines Kopftuchs sei indes ein religiöses Bekenntnis verbunden - auch wenn dessen Trägerin nicht aktiv für ihre Überzeugung werbe. Deshalb gilt: "Das Einbringen religiöser oder weltanschaulicher Bezüge durch Rechtsreferendare kann den in Neutralität zu erfüllenden staatlichen Auftrag der Rechtspflege und der öffentlichen Verwaltung beeinträchtigen."

© SZ vom 05.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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