Münchner Sicherheitskonferenz:Iraner spielen bei Atom-Verhandlungen auf Zeit

Iran's foreign minister Zarif gestures during an open debate during the 51st Munich Security Conference in Munich

Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif während der Münchner Sicherheitskonferenz.

(Foto: REUTERS)
  • Während der Sicherheitskonferenz in München hat sich Irans Außenminister Sarif zwei Mal mit dem Amerikaner John Kerry getroffen. Die beiden sprachen über die laufenden Verhandlungen der P5+1 über das iranische Nuklearprogramm.
  • Die Bedeutung der Wirtschaftssanktionen gegen Teheran spielt Sarif erneut herunter.
  • Er warnt die Republikaner im US-Kongress vor einer Verschärfung der Sanktionen.

Von Paul-Anton Krüger

Mohammed Dschawad Sarif outet sich als Frühaufsteher. Von sieben bis neun Uhr habe er sich mit seinem amerikanischen Kollegen John Kerry getroffen, es war bereits das zweite Gespräch der beiden Chefdiplomaten am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. Die Verhandlungen über ein umfassendes und endgültiges Abkommen, das den seit mehr als einem Jahrzehnt schwelenden Atomkonflikt beilegen würde, sind in ihrer entscheidenden Phase - Ende März läuft die Frist aus, die sich Iran und die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates und Deutschland (P5+1) zusammen mit der Islamischen Republik selbst gesetzt haben, um eine politische Grundsatzeinigung zu erzielen.

An den Gesprächen beteiligte Diplomaten berichten zwar, dass es seit der letzten formellen Verhandlungsrunde im November in Wien Fortschritte gegeben habe, es in den entscheidenden Fragen aber noch zu keine ausreichende Annäherung gekommen ist. Sarif sprach in diesem Zusammenhang auch mit den Außenministern Deutschlands, Russland und wollte am Nachmittag noch den Franzosen Laurent Fabius treffen.

Aus Sicht der P5+1 müssen sich die Iraner vor allem bei Umfang der Urananreicherung sowie die Beschränkung von Forschung an und Entwicklung von Nukleartechnologie bewegen. Den Iranern geht es vor allem darum, dass die Sanktionen möglichst rasch und vollständig aufgehoben werden, wie Sarif in München erneut betonte.

"Verhandlungen führen zum Ziel, nicht Sanktionen"

Das größte Hindernis für eine Einigung sei, dass manche sich immer noch nicht vergegenwärtigt hätten, dass es kein Nullsummenspiel geben könne, bekräftigte Sarif. Nur wenn alle Seiten profitierten, sei ein Erfolg möglich, nur Verhandlungen könnten zum Ziel führen, nicht die Sanktionen.

Dies war ein kaum verhüllter Seitenhieb auf den Kongress in Washington, wo die Mehrheit der Republikaner darauf dringt, die Strafmaßnahmen gegen Teheran nochmals zu verschärfen. Sie glauben, dass dies Teheran zum Nachgeben zwingen werde. Die Demokraten haben bereits erklärt, bis zum 24. März, entsprechende Gesetzgebungsinitiativen zu blockieren - Präsident Barack Obama hat gedroht, notfalls sein Veto einzulegen.

Sarif wies bei seinem Auftritt während der Sicherheitskonferenz darauf hin, dass die Sanktionen "nicht nur der iranischen Wirtschaft und dem iranischen Volk schaden, sondern auch der Wirtschaft in Europa und den USA". Die Sanktionen waren in der Doppelstrategie der P 5+1 immer darauf angelegt, Iran zu Verhandlungen zu bewegen und die Kosten dafür zu steigern, dass sich Teheran über Resolutionen des UN-Sicherheitsrates hinwegsetzt. Sarif bestreitet zwar immer, dass die Sanktionen Teheran an den Verhandlungstisch gebracht hätten - allerdings nimmt das den Iraner kaum jemand ab.

Die UN-Resolutionen, denen auch Russlands und Chinas zugestimmt haben, fordern, dass Iran sein Nuklearprogramm einfriert, bis alle offenen Fragen hinsichtlich möglicher militärischer Dimensionen geklärt sind, wie es in den offiziellen Texten etwas blumig heißt. Zuletzt hat Iran seine Zusammenarbeit mit den Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde in dieser Hinsicht allerdings wieder deutlich zurückgefahren.

Die P5+1 haben ein Abkommen vorgeschlagen, das vorsieht, die Sanktionen stufenweise und Zug um Zug aufzuheben, wenn Iran bestimmte Beschränkungen seines Nuklearprogramm umsetzt. Sie sollen technisch sicherstellen, dass Iran nicht in kurzer Frist sein deklariertes Atomprogramm dazu nutzen kann, Brennstoff für Nuklearwaffen herzustellen - und auf längere Sicht diese Fähigkeit nicht gewinnt. Deswegen bestehen die P5+1 auf den Beschränkungen bei der Anreicherung sowie bei Forschung und Entwicklung. Sie wollen eine sogenannte Ausbruchszeit von wenigstens zwölf Monaten erreichen.

Am Ende entscheidet der Oberste Führer Chamenei

Technisch gibt es verschiedene Lösungen, dorthin zu gelangen und Iran dennoch zu erlauben, in gewissem Umfang die Urananreicherung aufrechtzuerhalten. Ob sich Teheran auf solche Lösungen einlässt, ist derzeit allerdings noch nicht klar. "Die Iraner sind geduldige Verhandler. Sie werden ihre Karten erst ganz am Schluss auf den Tisch legen", prophezeit eine mit den Verhandlungen vertraute Person.

Schon beim Abschluss des derzeitigen Interimsabkommen wurde nächtelang durchverhandelt, bis morgens um halb vier die Einigung stand. Auf einen solchen Showdown stellen sich die Diplomaten auch diesmal ein - und niemand will sich festlegen, ob es am Ende auch diesmal für eine Einigung reicht.

Der iranische Außenminister jedenfalls wies in München darauf hin, dass der Oberste Führer des Landes, Ayatollah Ali Chamenei, sich "vor wenigen Minuten" nochmals hinter die Verhandlungen gestellt habe und damit wochenlanger Kritik konservativer Hardliner am Verhandlungskurs im Atomstreit entgegengetreten sei. "Ich wäre mit der vom Verhandlungsteam geplanten Einigung einverstanden", sagte Chamenei laut Agenturberichten aus Teheran. Nur müsste das Ziel stets nationalen Interessen dienen, fügte Chamenei hinzu, der in allen Fragen der nationalen Sicherheit das letzte Wort hat.

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