Militärtribunal auf Kuba:Aus für Guantanamo innerhalb eines Jahres

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Erst ließ er alle Verfahren stoppen, nun hat der neue US-Präsident Barack Obama einen Zeitplan im Auge, um das weltweit kritisierte Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba ganz zu schließen. Seinen missratenen Amtseid wiederholte Obama sicherheitshalber.

Der neue US-Präsident Barack Obama will offenbar an diesem Donnerstag ein Dekret unterzeichnen, das die schnellstmögliche Schließung des Lages, spätestens aber innerhalb eines Jahres, vorsieht. Das berichten mehrere US-Medien und Nachrichtenagenturen.

Fußfesseln auf Guantanamo (Foto: Foto: Reuters)

Die Gefangenen aus Guantanamo sollen dem Dekret zufolge "in ihre Heimatländer gebracht, freigelassen, in ein drittes Land überstellt oder in ein anderes US-Gefängnis gebracht werden."

Die US-Streitkräfte haben seit 2002 vor allem mutmaßliche Taliban- und Al-Qaida-Mitglieder nach Guantanamo an der Südostküste von Kuba gebracht. Derzeit werden dort noch 245 Gefangene festgehalten.

In einer weiteren Anordnung verbietet Obama Verhörmethoden wie das "Waterboarding", bei dem durch die Simulation von Ertrinken Geständnisse erzwungen werden sollen.

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International haben sowohl Haftbedingungen als auch die Einschränkung von Rechtsansprüchen auf Guantanamo wiederholt kritisiert. Das Lager gilt als Symbol für die Missachtung der Menschenrechte unter der Regierung des ausgeschiedenen republikanischen Präsidenten George W. Bush.

Schon Stunden nach seiner Vereidigung am Dienstag hatte Obama die Chefankläger des Verteidigungsministeriums angewiesen, bei den Militärrichtern in Guantanamo einen vorläufigen Stopp sämtlicher Terrorismus-Verfahren zu beantragen. Die Verfahren vor den Militärkommissionen sollen zunächst für 120 Tage ausgesetzt werden. In der Zwischenzeit will Obama prüfen lassen, ob das umstrittene System der Sondergerichte vollständig abgeschafft wird. Kurz darauf verfügte ein Militärrichter den Stopp des Verfahrens gegen fünf mutmaßliche Hintermänner der Anschläge vom 11. September 2001.

Unter den Angeklagten ist der als Hauptdrahtzieher verdächtigte Chalid Scheich Mohammed, der nach CNN-Angaben vergeblich gegen die Aussetzung des Verfahrens protestierte. Er und seine Mitangeklagten hatten zuvor mehrfach den Wunsch geäußert, hingerichtet zu werden und damit aus ihrer Sicht als Märtyrer zu sterben. Auch der ursprünglich für die nächste Woche geplante Prozess gegen den als "Kindersoldaten" bekannten Kanadier Omar Khadr ist auf Eis gelegt. Khadr soll 2002 im Alter von 15 Jahren in Afghanistan einen US-Soldaten getötet haben.

Außerdem beriet Obama mit hohen Sicherheits- und Militärberatern über einen möglichen Abzug der US-Truppen aus dem Irak. "Während des Gesprächs habe ich die militärische Führung gebeten, zusätzliche Planungen anzustellen, die für einen verantwortungsvollen Rückzug aus dem Irak nötig sind", teilte Obama mit. Bereits "in den kommenden Tagen und Wochen" wolle er auch eine "eingehende Bewertung der Situation in Afghanistan vornehmen, um so eine umfassende Politik für die gesamte Region entwickeln zu können".

Obama hatte im Wahlkampf versprochen, alle rund 130.000 US-Truppen innerhalb von 16 Monaten aus dem Irak nach Haus zu holen. Zugleich hatte er sich für eine Verstärkung der US-Truppen in Afghanistan ausgesprochen, um die wiedererstarkenden Taliban zu bekämpfen.

An dem Treffen mit den Sicherheitsberatern nahmen auch Vizepräsident Joe Biden, Verteidigungsminister Robert Gates, Generalstabschef Michael Mullen und der Oberbefehlshaber der US-Truppen im Nahen und Mittleren Osten, David Petraeus, teil.

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