Militärgeschichte:Die Bundeswehr als Vorbild für die Bundeswehr

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Der neue Traditionserlass lenkt den Blick auf die Leistungen der Bundeswehr: Soldaten erhalten Orden für ihren Einsatz in Afghanistan. (Foto: Sean Gallup/Getty Images)
  • Durch einen neuen Traditionserlass soll die Bundeswehr in Zukunft sich selbst verstärkt zum Vorbild nehmen.
  • Neben der Wehrmacht geht die neue Richtlinie auch auf die Armee der DDR ein.
  • Das letzte Mal war der Erlass 1982 aktualisiert worden.

Von Mike Szymanski, Berlin

Die Bundeswehr bekommt neue Richtlinien zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, ihrem Verständnis von Tradition und deren Pflege. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte rechtsextreme Umtriebe 2017 zum Anlass genommen, den sogenannten Traditionserlass, zuletzt 1982 geändert, der Zeit anzupassen. Dem Verteidigungsausschuss liegt seit dieser Woche die Endfassung vor. Den Soldaten möchte die Ministerin mehr "Handlungssicherheit" geben.

Der Fall des Oberleutnants Franco A. hatte im Frühjahr 2017 eine Debatte über Rechtsextremismus in der Bundeswehr entfacht. Der Soldat soll einen Anschlag vorbereitet haben, bei dem er den Verdacht auf Flüchtlinge lenken wollte. Im Zuge der Ermittlungen wurden in der Kaserne, in der er stationiert war, Hakenkreuz-Kritzeleien gefunden. An Wänden hingen Wehrmachts-Souvenirs und Landser-Bilder. Generalinspekteur Volker Wieker hatte daraufhin die Durchsuchung sämtlicher Liegenschaften der Bundeswehr angeordnet.

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In der Neufassung ist nun von den "Abgründen" der deutschen Militärgeschichte die Rede

Der neue Traditionserlass benennt im Entwurfstext nun die "eigene, lange Geschichte" der Bundeswehr als zentralen Bezugspunkt und führt etwa "das Bewahren von Freiheit und Frieden im Kalten Krieg und das Eintreten für die deutsche Einheit" an. Ebenso betont das Dokument die "Einbindung in multinationale Strukturen und Verbände der Nato und der Europäischen Union". Umfassender als im Erlass von 1982 wird mit der Neufassung der Bezug zum Grundgesetz hergestellt. Die Abgrenzung zum Dritten Reich fällt von der Wortwahl her noch strikter aus, etwa wenn von den "Abgründen" der deutschen Militärgeschichte die Rede ist oder in der Passage zur Wehrmacht von Verbrechen, "die in ihrem Ausmaß, in ihrem Schrecken und im Grad ihrer staatlichen Organisation einzigartig in der Geschichte" seien.

Der neue Erlass - sollte er wie von Ministerin von der Leyen geplant im Frühjahr in Kraft treten, stellt auch klar, dass beispielsweise Wehrmachtsangehörige allein wegen herausragender militärischer Leistungen für die Bundeswehr nicht "sinn- und traditionsstiftend" sein könnten. Bei solchen Beispielen sei der historische Zusammenhang zu bewerten und "nicht zu trennen von den politischen Zielen, denen sie dienten". Nach wie vor gibt es Streit um Kasernen, die immer noch Namen von Wehrmachtsoffizieren tragen. Dazu führt der neue Erlass nun aus: "Bestehende Benennungen müssen diesem Traditionserlass entsprechen."

Der neue Traditionserlass geht auch auf die NVA ein

Der neue Traditionserlass geht auch auf die NVA, die Nationale Volksarmee der DDR, ein. "Die NVA begründet als Institution und mit ihren Verbänden und Dienststellen keine Tradition der Bundeswehr". "Grundsätzlich" sei die Aufnahme von NVA-Angehörigen in das Traditionsgut der Bundeswehr möglich. Dann etwa, wenn sie sich besondere Verdienste um die Einheit erworben oder gegen die SED-Herrschaft aufgelehnt hätten. Dies müsse eine Einzelbetrachtung zeigen. In einer früheren Entwurfsfassung waren der Umgang mit NVA und Wehrmacht in einem Unterpunkt des Dokumentes zusammen abgehandelt worden. Davon hat das Ministerium Abstand genommen.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Agnieszka Brugger, lobte den Entwurf dafür, dass er sich deutlich von Traditionen abgrenze, die "keinen Platz in der Bundeswehr" hätten. Die SPD-Verteidigungsexperte Thomas Hitschler erwartet nun ein Konzept zur Umsetzung. Die FDP-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte: "So wichtig der Traditionserlass auch ist, angesichts der Ausrüstungsmängel haben die Soldaten im Moment andere Sorgen."

© SZ vom 23.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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