Luftangriff im Grenzgebiet:Sudanesische Kampfjets bombardieren Südsudan

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Der Streit über Öleinnahmen und den Grenzverlauf scheint zu eskalieren: Sudanesische Kampfflugzeuge sollen den Südsudan angegriffen haben. Dabei soll es zu zahlreichen Toten gekommen sein.

Sudanesische Kampfflugzeuge haben Augenzeugen zufolge den Südsudan angegriffen und dabei mindestens einen, womöglich sogar drei Menschen getötet.

Ein südsudanesischer Soldat steht vor den brennenden Überresten eines Markstandes in Rubkona. (Foto: REUTERS)

Zwei Kampfjets vom Typ MiG-29 hätten im Grenzgebiet vier Bomben in der Nähe einer Ölstadt abgeworfen, sagte der stellvertretende Chef des südsudanesischen Militär-Geheimdienstes, Mac Paul. Es handle sich um eine "ernsthafte Eskalation und Verletzung südsudanesischen Territoriums. Das ist eine klare Provokation."

Ein Reporter der Nachrichtenagentur Reuters sagte, er habe gesehen, wie ein Kampfflugzeug zwei Bomben unweit einer Brücke zwischen Bentiu und dem Nachbarort Rubkona abgeworfen habe. "Ich kann brennende Marktstände in Rubkona im Hintergrund sehen und die brennende Leiche eines kleinen Kindes", berichtete er. Ein Sprecher des sudanesischen Militärs war zunächst nicht erreichbar.

Berichte über Hunderte Tote

Die Armee sprach der Nachrichtenagentur AFP zufolge sogar von 1200 getöteten südsudanesischen Soldaten. Der sudanesische Armeekommandeur Kamal Maruf sagte bei einem Besuch der Truppen in Heglig, bei den Kämpfen um das Ölfeld seien 1200 Soldaten der Sudanesischen Befreiungsbewegung (SPLM) getötet worden. Die SPLM ist die Regierungspartei im Süden. Angaben zu den Opfern auf Seiten der sudanesischen Armee gab es nicht.

Eine unabhängige Bestätigung der Opferzahlen war zunächst nicht möglich. Ein AFP-Reporter berichtete aber, dass die Leichen zahlreicher südsudanesischer Soldaten in der Kampfzone lagen. Wie er weiter berichtete, wurde die wichtigste Ölförderanlage von Heglig durch die Kämpfe schwer beschädigt. Große Mengen Erdöl liefen aus und ein Ölreservoir sowie acht Generatoren wurden durch Brände zerstört. Ein Ingenieur sagte, auch ein Stromkraftwerk sei zerstört worden.

Das Ölfeld liegt an der nicht vollständig festgelegten Grenze zwischen Sudan und Südsudan. Mehrere Teile des Ölfelds, das für die Hälfte der Ölproduktion Sudans aufkommt, werden von beiden Staaten beansprucht. Der Sudan hat mit der Unabhängigkeit des Südens drei Viertel seiner Ölreserven verloren. Der Südsudan hatte am 10. April das Ölfeld besetzt, sich aber unter internationalem Druck am Freitag zum Rückzug entschlossen.

Khartum erklärte dagegen, seine Truppen hätten das Ölfeld zurückerobert. Am Montag sagte Sudans Präsident al-Baschir bei einem Besuch in Heglig, es werde keine Verhandlungen mit dem Süden geben. "Unsere Gespräche waren mit Gewehren und Patronen", sagte Baschir. Am Freitag hatte er die Regierung im Südsudan mit schädlichen Insekten verglichen, die es auszumerzen gelte.

Am Freitag schien es noch, als ob die Kriegsgefahr gebannt sei, nachdem der Südsudan auf internationalen Druck hin angekündigt hatte, seine Truppen wieder von dem Ölfeld Heglig abzuziehen.

Angefacht wurde der Konflikt von Gebietsstreitigkeiten, ethnischen Vorurteilen und dem Streit darüber, wie viel Geld Südsudan - ein Land ohne eigene Küsten - dem Norden dafür zahlen muss, dass es sein Öl durch dessen Gebiet zur Lieferung an seine Abnehmer transportieren darf.

Der anhaltende Konflikt hat die Ölindustrie, auf die die beiden armen Länder angewiesen sind, nahezu völlig zum Erliegen gebracht. Auch wirkt noch der Bürgerkrieg nach, der bis auf wenige Unterbrechungen von 1955 bis 2005 dauerte und in dem etwa zwei Millionen Menschen starben.

© dapd/Reuters/AFP/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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