Linkspartei:Vermasselte Liebesschwüre

Lesezeit: 3 min

Verabschiedet sich Oskar Lafontaine aus der Politik? Unfug, sagt dieser und verweist auf seine gute Gesundheit. (Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)

Die Linken wollen rot-rot-grün im Bund . Aber sie wissen nicht so recht, wie sie mit der SPD umgehen sollen.

Von Constanze von Bullion und Susanne Höll

Am Tag danach sind die Gesichter ernüchtert, auch die Stimmung war schon mal euphorischer bei der Linkspartei. Angeführt von Alt-Parteichef Oskar Lafontaine hat die Linke bei der Landtagswahl am Sonntag 12,9 Prozent geholt. Das sind gut drei Prozentpunkte weniger als 2012, gleichzeitig ist es aber auch ein Ergebnis, für das andere westdeutsche Landesverbände der Linken vor Dankbarkeit auf die Knie fallen würden. Und doch. Es reicht nicht für Rot-Rot im Saarland, und das von der Linken erhoffte Signal für ein rot-rot-grünes Bündnis im Bund ist erst mal erloschen.

Weshalb die Parteioberen in Berlin am Montag als Erfolg zu verkaufen versuchen, was einen schwierigen Bundestagswahlkampf verheißt. "Wir haben einen guten dritten Platz erreicht", sagt Parteichefin Katja Kipping. Auch dürfe man "nicht überbewerten", was im kleinen Saarland passiert sei. "Wenn die Grünen nur ein Prozent mehr hätten", schiebt sie hinterher, "hätten wir heute ganz andere Titelblätter."

Nein, es will sich an der Parteispitze keiner nachsagen lassen, er ziehe sich auf Schuldzuweisungen zurück: an die enttäuschende SPD, an die gescheiterten Grünen. Ebenso wenig aber wollen die Linken als politisches Schmuddelkind dastehen, das bürgerliche Wähler zur CDU treibt. Die Saar, das sei nicht der Bund, sagt Kipping. Wenn ein Mitte-links-Bündnis begeistern wolle "für eine Gerechtigkeitswende", dann müsse SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz eine "klare Ansage" machen, "was er umsetzen möchte und mit wem".

Allein - die SPD denkt gar nicht daran, sich nach der Saar-Wahl auf ein rot-rot-grünes Bündnis im Bund festzulegen. Und auch die Grünen haben, kurz vor der Pressekonferenz der Linken, deutlich gemacht, dass sie die außenpolitischen Positionen der Linken problematisch und ihre Europapolitik nationalistisch finden. "Wenn Frau Göring-Eckardt immer und überall betont, was mit der Linken alles nicht geht, dann soll sie doch mal deutlich sagen, dass sie nur für Schwarz-Grün zur Verfügung steht", gibt Parteichef Bernd Riexinger zurück. Der Ton war schon mal freundlicher.

Den Aufgalopp zum Bundestagswahlkampf hatte man sich anders vorgestellt bei der Linken. Nun stellt sich vor allem eine Frage: Wie umgehen mit der SPD des Martin Schulz, die stark ist, aber eben nicht stark genug, um sich scharf von ihr abgrenzen zu können. Kurs halten, empfiehlt Parteichef Riexinger: "Wir sehen keinen Grund, unsere grundsätzliche Strategie zu ändern." Sie begrüße den Gerechtigkeitswahlkampf, sagt Kipping. Das bedeute aber nicht, dass man "stalkingmäßig" SPD oder Grünen nachlaufe.

Die Linke will von der Popularität des Martin Schulz profitieren, muss aber auch fürchten, bei Themen wie Gerechtigkeit und Agenda 2010 in seinem Schatten zu verschwinden. Der SPD-Spitzenkandidat redet den Benachteiligten so flott nach dem Mund, dass selbst Fraktionschefin Sahra Wagenknecht kaum noch nachkommt. Wagenknecht wiederum lässt fast keine Gelegenheit aus, Schulz als nichtsnutzigen Vielversprecher hinzustellen.

"Ich hoffe, dass die SPD aus diesem Ergebnis die einzig vernünftige Lehre zieht und zukünftig konsequent für einen echten Politikwechsel eintritt", schrieb Wagenknecht spürbar milder nach der Saar-Wahl. Wenn die SPD einen "echten politischen Neubeginn" wolle, sei eine unmissverständliche Botschaft nötig: "Ja, wir wollen eine Mitte-links-Regierung." Hannemann, geh du voran, heißt das. Erst soll die SPD der Linken Liebe schwören, dann könnte diese Ähnliches tun, vielleicht.

"Diese permanente Fixierung auf Martin Schulz ist falsch", sagt Fraktionschef Bartsch

Fraktionschef Dietmar Bartsch hingegen warnt davor, sich an der SPD abzuarbeiten. "Diese permanente Fixierung auf Martin Schulz ist falsch", sagte er der Süddeutschen Zeitung. "Im Zentrum unseres Wahlkampfs muss die Auseinandersetzung mit Angela Merkel und der großen Koalition stehen." Im Übrigen müsse sich keiner Sorgen machen, dass Rot-Rot-Grün an der Frage von Bundeswehreinsätzen im Ausland zerbrechen werde. "Hier muss es Veränderungen geben, aber daran wird am Ende keine Koalition scheitern." Bloß nicht Bange machen lassen, das war am Montag auch die Botschaft des saarländischen Spitzenkandidaten Oskar Lafontaine. Er blieb in Saarbrücken, wo er so gern ein rot-rotes Bündnis geschmiedet hätte, zum Ende seiner wechselvollen politischen Karriere. Bedrückt wirkte er nicht bei einem Auftritt im Landtag, im Gegenteil, er agierte aufgeräumt und gut gelaunt. Er sei zufrieden mit dem Abschneiden der Linkspartei, auch wenn es etwas mehr hätte sein können. Dann kommen schärfere Töne. Lafontaine will nicht auf sich sitzen lassen, dass er vielen SPD-Wählern nicht geheuer gewesen sein soll und sie ihr Kreuz deshalb lieber bei der CDU gemacht haben.

"Es ist nicht beeindruckend, wenn man die Schuld für Wahlergebnisse bei anderen sucht", sagt Lafontaine. Und im selben Atemzug macht er seinerseits die Sozialdemokraten dafür verantwortlich, dass es nicht zum historischen Handschlag an der Saar kommt. Die hätten dummerweise auf eine klare Koalitionsaussage zugunsten der Linken verzichtet und sich das Resultat deshalb selbst zuzuschreiben: "Wenn man den Wunschpartner nicht benennt, kann man nicht erfolgreich sein."

Verabschiedet sich der 73-Jährige womöglich aus der Politik? Unfug, sagt Lafontaine und lacht. Er könne vielen jüngeren Menschen bis heute auf dem Fahrrad davonfahren. Er bleibe ein "politisches Tier", habe als Oppositionschef einen wunderbaren Job und halte nichts von Altersrassismus. Konrad Adenauer sei mit über 70 Kanzler geworden und Mick Jagger von den Rolling Stones mit 73 Jahren noch sehr munter.

© SZ vom 28.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: