Linke:Knapp gescheitert

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Katja Kipping, Parteichefin der Linken, am Montag in Berlin. (Foto: Soeren Stache/dpa)

Nachdem die Partei die Rückkehr in Nordrhein-Westfalens Landtag verpasste, soll aus Frust Zuversicht werden: Die Linke hofft auf ihr Potenzial bei jungen Wählern.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Bitter, das war das Wort der Stunde bei der Linkspartei am Tag danach. In Nordrhein-Westfalen ist der Linken nach einer abendlichen Wackelpartie die Rückkehr in den Landtag nicht gelungen. Mit 4,9 Prozent der Stimmen scheiterte sie denkbar knapp an der Fünf-Prozent-Hürde. Und bitterer noch: Nur weil die Linke es nicht in den Landtag geschafft hat, wird in Nordrhein-Westfalen eine schwarz-gelbe Regierung denkbar. "Am Ende fehlte das nötige Quäntchen Glück", sagte die Bundesvorsitzende Katja Kipping am Montag in Berlin. Dort trat die Parteispitze mit den NRW-Spitzenkandidaten Özlem Demirel und Christian Leye vor die Presse. Zu besichtigen waren bedrückte Gesichter, zu hören Töne der Selbstermunterung für den Bundestagswahlkampf.

8561 Stimmen haben der Linkspartei in NRW gefehlt, um ins Landesparlament zurückzukehren, aus dem sie 2012 geflogen ist. Damals kam sie auf 2,5 Prozent, diesmal konnte sie ihre Stimmen nahezu verdoppeln. Und doch setzte sich in NRW fort, was im Saarland und in Schleswig-Holstein begonnen hat. Die Linke legt zu, kann Zugewinne aber nicht in Mitbestimmung umwandeln. In NRW zeigte sich erneut, dass der Partei Bündnispartner fehlen. Die Linkspartei dient der politischen Konkurrenz immer noch als wirkungsvolles Mittel der Abschreckung.

"Es ist bitter, so knapp zu scheitern", sagte NRW-Spitzenkandidatin Özlem Demirel. "Dennoch sind wir zuversichtlich, was die Bundestagswahl angeht." In Großstädten habe die Linke "stark zugelegt", bei jungen Wählern "sehr stark", hier gebe es noch Potenzial. Auf dem Land schwächele sie hingegen. Erschwerend sei hinzugekommen, so Demirel, dass CDU, Grüne und SPD damit geworben hätten, die Linke aus Landtag und Regierung herauszuhalten: "Wenn sich alle an der Linken abarbeiten, führt das dazu, dass das gesamte linke Lager geschwächt wird." Mit dem Ausschluss eines Linksbündnisses habe die SPD sich geschadet. Die Lehre aus NRW fasste Parteichefin Kipping so zusammen: "Wenn die Linke nicht stark genug ist im Parlament, hat Schwarz-Gelb Aufwind."

Die SPD angreifen oder die Türe offen halten - das ist nun eine zentrale Frage bei der Linken, die ernüchtert registriert, wie schnell die Begeisterung für SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz verpufft ist. Regierungsbefürworter im linken Reformerlager hatten sich von Schulz eine Annäherung versprochen. Schulz näherte sich zuerst auch an, distanzierte sich aber wieder und zeigte Interesse an der FDP - zuletzt ließ er Ratlosigkeit zurück. "Wer mit der FDP liebäugelt, kommt in eine Glaubwürdigkeitsfalle", sagte Parteichef Bernd Riexinger. Die Linke wolle nun abwarten, wohin die Reise der SPD programmatisch gehe. "Wenn es nach links geht, werden wir das bestärken", so Riexinger. Für "Wischiwaschi" sei man nicht zu haben.

Von Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht kamen schärfere Töne. Es sei eine "Katastrophe", dass die große Koalition die Kluft zwischen Superreichen und Niedriglohnbeziehern nicht schließe, erklärte sie. Die Linke wolle die Agenda 2010 abschaffen. "Die SPD kann sich leider nicht entscheiden, was sie will." Doch auch innerhalb der Linken stehen Strategiedebatten an. Die Partei müsse "ein Stück weit mehr das Thema Wirtschaftskraft" besetzen, sagte Riexinger. Man habe womöglich die Ängste der Menschen "zu wenig beleuchtet", so Demirel. Auch die Europapolitik sorgt für Scharmützel. Und während die Linken-Spitze ein "Aufwachsen" der Kräfte bei Landeswahlen beschwört, macht die Isolation ihr zu schaffen. Riexinger nannte es eine "absolute Frechheit", dass CDU-Wahlsieger Armin Laschet angekündigt habe, mit allen demokratischen Parteien zu sprechen, aber nicht mit AfD und Linke. Bei innerparteilicher Demokratie könne die CDU "eine Anleihe bei der Linken" nehmen.

© SZ vom 16.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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