Laurent Gbagbo:Ex-Präsident der Elfenbeinküste nach Den Haag überstellt

Lesezeit: 2 min

Monatelang weigerte sich Laurent Gbagbo, nach den verlorenen Präsidentenwahlen in der Elfenbeinküste die Macht an seinen gewählten Nachfolger abzugeben. Mehr als 1000 Menschen starben daraufhin in bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen. Nun soll sich der Ex-Präsident vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verantworten.

Der wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in seinem Heimatland beschuldigte Ex-Präsident der Elfenbeinküste ist an den internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag überstellt worden. Ein Flugzeug mit dem 66-jährigen Laurent Gbagbo an Bord landete am Mittwochmorgen kurz vor 4.00 Uhr auf dem Airport Rotterdam-Den Haag, wie die niederländischen Behörden bestätigten.

Gbagbo muss sich in insgesamt vier Anklagepunkten verantworten. Das teilte IStGH-Chefankläger Luis Moreo-Ocampo nach der Überstellung des 66-jährigen mit. Nach Überzeugung der Ermittler ist Gbagbo "individuell strafrechtlich verantwortlich" zu machen für "Morde, Vergewaltigungen und andere Formen sexueller Gewalt, Verfolgung und andere unmenschliche Handlungen auf dem Gebiet der Elfenbeinküste zwischen dem 16. Dezember 2010 und dem 12. April 2011".

Moreno-Ocampo teilte mit, es gebe "hinreichende Gründe" anzunehmen, dass Truppen Gbagbos seinerzeit in der Hauptstadt Abidjan sowie im Westen der Elfenbeinküste gezielt Zivilisten angegriffen haben, die sie als Sympathisanten des neu gewählten Präsidenten Alassane Ouattara ansahen. Die brutalen Anschläge sollen Teil eines von Gbagbo inszenierten Plans zur Erhaltung seiner Macht gewesen seien. Der Beschuldigte und mehrere seiner Verbündeten hätten volle Kontrolle über die Truppen gehabt und seien deshalb persönlich für die von ihnen verübten Verbrechen verantwortlich zu machen, erklärte die Staatsanwaltschaft.

Der Ex-Präsident wurde nach seiner Landung auf dem Airport Rotterdam-Den Haag am frühen Mittwochmorgen in das Untersuchungsgefängnis des IStGH im Haager Vorort Scheveningen gebracht. Gbagbo soll in Kürze zu einer ersten Anhörung vor der für seinen Fall zuständigen Kammer unter Leitung von Richterin Silvia Fernández de Gurmendi erscheinen, teilte der IStGH weiter mit.

Die selbe Kammer habe am 23. November einen geheimen internationalen Haftbefehl gegen Gbagbo ausgestellt. Dieser war am Dienstag von den Behörden der Elfenbeinküste in der Ortschaft Korhogo vollstreckt worden, wo der Ex-Präsident unter Hausarrest stand.

Der Beschuldigte hatte sich nach der Wahlniederlage monatelang geweigert, seinem gewählten Nachfolger die Macht zu übergeben. Bis zur Festnahme Gbagbos im April waren den bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen mehr als 1000 Menschen zum Opfer gefallen. Nach UN-Angaben soll der Ex-Präsident sich für den Tod von mindestens 325 Menschen verantwortlich gemacht werden.

Bei dem Haager Gericht, das nach jahrelangen Vorbereitungen 2003 seine Arbeit aufnahm, sind bislang 13 Fälle anhängig. Bei allen geht es um Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Ländern Afrikas. Mehrere Haftbefehle des IStGH konnten nicht vollstreckt werden: Der wegen Kriegsverbrechen in der Provinz Darfur beschuldigte Staatschef des Sudan Omar al-Baschir konnte sich bislang stets der Festnahme entziehen. Die Vollstreckung eines IStGH-Haftbefehls gegen den einstigen libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi wurde durch dessen Erschießung bei der Festnahme hinfällig. Dessen kürzlich festgenommenen Sohn Saif al-Islam will Libyen lieber selbst vor Gericht stellen und daher nicht nach Den Haag überstellen.

© dpa/beu/mane - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: