Kuba:Letzter Auftritt der Revolutionäre

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Castro und seine Mitstreiter sind über 80, Kuba steht vor einem Generationenwechsel. Aber für schnelle Reformen ist es zu träge.

Von Boris Herrmann, Rio de Janeiro

Es gibt größere Überraschungen: Zum Abschluss des siebten Parteitages ist Raúl Castro Ruz, 84, ohne Gegenstimmen als Erster Sekretär der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) wiedergewählt worden. Trotzdem war es ein besonderer Moment. Dieser Parteitag wird wohl der letzte gewesen sein, den die alte Revolutionsgarde bestimmte. Diesmal war noch fast alles wie immer. Neben Raúl Castro darf auch der Zweite Sekretär, José Ramón Machado Ventura, 85, noch einmal in eine neue Amtszeit starten. Zum Abschluss der viertägigen Versammlung hielt der Revolutionsführer a. D., Fidel Castro, 89, eine Rede, in der er die Delegierten über die Ideen Lenins unterrichtete. Gleichwohl: Dass in Kuba gerade einiges in Bewegung ist, deutete sich nicht nur zwischen den Zeilen an.

Fidel, in seinem blau-weißen Trainingsanzug erschienen, sagte an einer bemerkenswerten Stelle: "Unsere Spezies wird verschwinden, so wie die Dinosaurier verschwunden sind." Und wer da noch rätselte, ob er die Spezies der Revolutionäre meinte oder die ganze Menschheit, dem bot dieser Satz schon deutlich weniger Interpretationsspielraum: "Eines Tages sind wir alle dran, aber die Ideen der kubanischen Kommunisten werden bleiben." Das klang sehr nach persönlichem Abschied.

Im Lieblingstrainingsanzug auf dem Parteitag: Fidel Castro. (Foto: Ismael Francisco/AP)

Bruder Raúl wirkte da deutlich lebensfroher. Er hatte bereits mehrmals seinen Rücktritt für 2018 angekündigt. Hält er sich daran, wird das seine letzte programmatische Rede auf einem PCC-Parteitag gewesen sein. Es ging in diesen Tagen also auch um sein Erbe.

Wenn man den Präsidenten richtig verstanden hat, dann will auch er den Kommunismus nicht abschaffen. Aber er ist der Meinung, dass es dringender Reformen bedarf. "Das Schlimmste, was ein Revolutionär tun kann, ist, mit verschränkten Armen auf die Probleme zu blicken", sagte er. In diesem Sinne verteidigte er den in Parteikreisen keineswegs unumstrittenen Annäherungskurs an die USA. Vor allem aber kritisierte er offen die Trägheit des Staatsapparats. Die Umsetzung der vor fünf Jahren beschlossenen Wirtschaftsreformen sei großteils an der kommunistischen Bürokratie gescheitert, sagte Castro. Der bald 85-Jährige setzte auch eine Altersobergrenze von 60 Jahren zum Eintritt in das Zentralkomitee durch, sowie eine Begrenzung auf zwei Amtszeiten. Zu seinem Vermächtnis gehört mithin, dass es Karrieren wie seine und die seines Bruders künftig nicht mehr geben kann.

Auf dem Parteitag aber hatten sie noch einmal einen großen Auftritt - der Generationswechsel wurde nur angekündigt. Symbolisch dafür ist der Fall des ersten Staatsrats-Vizepräsidenten Miguel Díaz-Canel, 56, dem beste Chancen auf die Nachfolge Castros nachgesagt werden. Díaz-Canel bleibt weiter Mitglied im Politbüro, aber er wurde nicht wie erwartet zum Zweiten Sekretär befördert. Zumindest ein kleiner Rückschlag für den, nun ja, jungen Mann, der als Modernisierer gilt.

Demokratische Reformen lehnte Raúl Castro weiter ab. Allerdings wirkte er dabei nicht so verbissen wie früher. Castro erzählte von seinem Treffen mit US-Präsident Barack Obama. Als dieser eine kritische Bemerkung zu Kubas Einparteiensystem machte, entgegnete Castro nach eigenen Angaben: "Wie viele Parteien habt ihr denn? Zwei?" Das, führte er weiter aus, sei so, als ob in Kuba Fidel die eine Partei anführe und er die andere. Im Saal brach Gelächter aus. Den Witz aber kann man so oder so verstehen. Es gibt durchaus Stimmen in Kuba, die behaupten, dass der ideologisch gefestigtere Fidel inzwischen die innerparteiliche Opposition gegen den Obama-Freund Raúl repräsentiere. Der fuhr fort: "Sicherlich würde Fidel sagen, ich will aber die Kommunistische Partei anführen, na gut, dann nehme ich die andere. Der Name ist mir egal."

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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