Kristina Köhler im Porträt:Ohne Trauschein, keine Kinder

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Die neue Familienministerin Kristina Köhler gilt als hoffnungsvolles Nachwuchstalent. Die promovierte Soziologin twittert fleißig und ist für gleichgeschlechtliche Beziehungen.

Susanne Höll

Wäre Kristina Köhler am 3. August 1977 nicht im hessischen Wiesbaden, sondern zehn Kilometer entfernt im rheinland-pfälzischen Mainz zur Welt gekommen, würde sie an diesem Montag nicht zur neuen Familienministerin ernannt. Nach dem Rücktritt von Arbeitsminister Franz Josef Jung fehlte im Kabinett ein Hesse oder eben eine Hessin. Man tut der promovierten Soziologin sicher kein Unrecht, wenn man sie eine Proporz-Ministerin nennt.

Wird an diesem Montag zur neuen Familienministerin ernannt: Die promovierte Soziologin Kristina Köhler. (Foto: Foto: dpa)

Denn ohne ihre landsmannschaftliche Zugehörigkeit wäre sie mindestens vier weitere Jahre geblieben, was sie seit 2002 ist: Eine ebenso ehrgeizige wie fleißige CDU-Hinterbänklerin im Deutschen Bundestag, die immer wieder einmal als hoffnungsvolles Nachwuchstalent bezeichnet werden würde.

Köhler selbst wurde von ihrer Berufung in das Kabinett überrascht, schließlich hatte sie der an ihr interessierten Welt am vergangenen Dienstag über den Web-Dienst Twitter mitgeteilt: "Ich bin in Zukunft weiter zuständig für Islamkonferenz,

Religionsgemeinschaften, Statistik, Integration, Extremismus und Datenschutz". Mit Familienpolitik hatte die nach Claudia Nolte nun zweitjüngste Ressortchefin in der bundesdeutschen Geschichte bislang eigentlich nichts zu tun.

Sie kümmerte sich um die Migranten, islamistische Umtriebe und die Frage, wie man ein gedeihliches Zusammenleben zwischen Alteingesessenen und Zugezogenen in Deutschland organisieren kann. Die vehemente Befürworterin einer "Leitkultur" zog gelegentlich gegen echte oder vermeintliche Islamisten so hart zu Felde, dass sich selbst einige Kollegen aus der Unionsfraktion wunderten. Daraus lässt sich freilich nicht schließen, dass sie eine waschechte Jung-Konservative wäre, mithin eine Urenkelin des einstigen hessischen CDU-Landesvorsitzenden Alfred Dregger.

Köhler pflegt Kontakt mit Grünen-Politikern, findet, dass gleichgeschlechtliche Beziehungen durchaus akzeptabel sind und hat mit dafür gesorgt, dass die CDU ihr Menschenbild inzwischen kräftig entstaubt hat. Welche politischen Werte und Prinzipien die neue Ministerin leiten, wissen auch langjährige Weggefährten aus der CDU nicht genau zu sagen.

Köhler ist eine Vertreterin jener gern als modern bezeichneten Generation von Nachwuchspolitikern, die man in fast allen Parteien findet.

Sie nutzt das Internet zur politischen Kommunikation, ist bei Facebook präsent, twittert unaufhörlich, auch um mitzuteilen, dass gerade ihr Koffer auf dem Flughafen verschwunden ist.

Ganz jung kam sie in die Partei, schon mit 14 Jahren. Und sie wollte offenkundig nie etwas anderes werden als eine professionelle Politikerin. Denn einen anderen Beruf als den der Abgeordneten hat sie nie ausgeübt.

Dass in der Union eine unverheiratete und kinderlose, wenngleich liierte Frau - Köhler lebt mit ihrem CDU-Kollegen, dem neuen Innen-Staatssekretär Ole Schröder zusammen - Ministerin für Familie werden kann, regt in der Partei kaum noch jemanden auf. Schließlich war die erste gesamtdeutsche Ministerin für Frauen und Jugend ebenfalls liiert und kinderlos: Sie hieß Angela Merkel, kam aus Ostdeutschland und war damals auch eindeutig eine Proporzministerin.

© SZ vom 30.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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