Kreml reagiert auf Massenproteste:Medwedjew will Wahlmanipulationen untersuchen lassen

Zehntausende Russen sind wegen angeblicher Wahlfälschungen auf die Straße gegangen und haben gegen das Machtduo Putin/Medwedjew protestiert. Inzwischen reagierte Russlands Führung auf dieselbe Weise, wie sich die Opposition organisiert hatte: via Facebook.

Bis zu 100.000 Menschen sind am Wochenende in russischen Städten auf die Straße gegangen. Bei teilweise eisigen Temperaturen protestierten sie gegen mutmaßliche Manipulationen bei der Parlamentswahl - es waren die größten Straßenproteste von Regierungsgegnern in Russland seit mehr als einem Jahrzehnt Neuwahlen gefordert.

Inzwischen meldete sich der Machtapparat zu Wort: Ministerpräsident Wladimir Putin reagierte am Sonntag über einen Sprecher zurückhaltend. "Wir respektieren die Ansichten der Demonstranten, wir hören, was gesagt wird und wir werden ihnen weiterhin zuhören", teilte Putins Sprecher Dmitri Peskow mit.

Kremlchef Dmitrij Medwedjew lehnte die Forderungen ab. "Ich stimme keinem der Sprüche oder Aufrufe zu, die auf den Kundgebungen gemacht wurden", erklärte der Präsident. Er habe aber befohlen, alle Berichte aus den Wahlbüros "auf Einhaltung der Wahlgesetze" zu überprüfen. Medwedjew verkündete seine Botschaft auf seiner offiziellen Facebook-Seite - über das soziale Netzwerk hatte sich auch der Massenprotest maßgeblich organisiert.

Das Zentrale Wahlkomitee lehnte es derweil ab, über eine Absetzung des umstrittenen Wahlleiters Wladimir Tschurow zu diskutieren. Es gebe keinen Grund, das Ergebnis zu überprüfen, sagte der stellvertretende Wahlleiter Stanislaw Wawilow. "Die Wahl ist gültig."

Die Opposition macht den kremlnahen Tschurow für massive Wahlfälschungen verantwortlich und fordern seinen Rücktritt. Die nach der Wahl zum Sieger erklärte Partei Geeintes Russland wies die Vorwürfe der Demonstranten zurück. Es sei eine Provokation, dass die Opposition das Wahlergebnis nicht anerkenne und die Menschen auf die Straßen rufe, teilte die Kremlpartei mit.

Die linkskonservative Partei Gerechtes Russland nominierte unterdessen ihren Fraktionschef Sergej Mironow als Kandidaten für die Präsidentenwahl am 4. März 2012. Chancen werden ihm aber nicht eingeräumt. Die einst als kremlnah bekannte Partei präsentiert sich seit einigen Monaten als Oppositionskraft. Bei der Abstimmung im Frühjahr will sich Putin, der bereits von 2000 bis 2008 Präsident gewesen war, wieder in den Kreml wählen lassen.

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