Konjunkturprogramm:800 Milliarden für die USA

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Barack Obama versucht, die amerikanische Wirtschaft aus ihrer Schockstarre zu lösen: Er will 800 Milliarden Dollar ausgeben - und trifft damit im Senat auf den Widerstand der Republikaner.

Moritz Koch

Es soll mehr werden als ein Impuls: Mit einem Donnerschlag will Barack Obama die US-Wirtschaft aus ihrer Schockstarre lösen. Mehr als 800 Milliarden Dollar will Amerikas Präsident ausgeben, um innerhalb von zwei Jahren vier Millionen Jobs zu schaffen.

Barack Obama will mit einem Milliardenpaket die Wirtschaft ankurbeln. (Foto: Foto: AP)

Er umgarnt die Republikaner, lädt ihre Repräsentanten zum Cocktailtrinken und Footballgucken ins Weiße Haus. Obama will ein überparteiliches Bündnis schmieden.

Sein Stabschef Rahm Emanuel ließ keinen Zweifel daran aufkommen, welch große Ambitionen die neue Regierung hat: Es wäre eine Schande, die Krise ungenutzt verstreichen zu lassen, sagte er bereits unmittelbar nach Obamas Wahlsieg und fügte hinzu. "Was ich damit meine, ist, dass es die Chance gibt, Dinge zu tun, die wir vorher nicht hätten tun können."

Das Konjunkturprogramm hat somit drei Ziele: Es soll erstens die Rezession bekämpfen, zweitens den Aufbruch in ein neues Amerika markieren und drittens einen überparteilichen Politikstil prägen.

Die Milliardenausgaben sollen die Infrastruktur von morgen finanzieren. Schnelle Internetzugänge sollen in der Provinz verlegt und Krankenhäuser mit moderner Informationstechnik ausgestattet werden. Die Regierung will marode Stromleitungen sanieren und das soziale Netz erneuern.

Doch je konkreter die Pläne werden, desto deutlicher wird, dass Obama Gefahr läuft, sich bei seiner ersten wichtigen innenpolitischen Initiative zu übernehmen. In der vergangenen Woche hat das Repräsentantenhaus das Konjunkturpaket auf den Weg durch das föderale Machtgefüge geschickt.

Selbst wohlwollende Kommentatoren wie David Leonhard von der New York Times und Princeton-Ökonom Paul Krugman kritisieren, dass es aus einem Wirrwarr von Einzelmaßnahmen geschnürt worden sei, die kaum zusammenpassten. Die Republikaner sollen mit ein paar Steuersenkungen milde gestimmt werden, linksgerichtete Demokraten dürfen sich über Geld für die Krankenversicherung freuen.

Der Kompromiss gilt als wenig effektiv, und außerdem schafft er keinen Ausgleich. Nicht ein einziger Republikaner im Repräsentantenhaus stimmte dem Programm zu. Das ehrenwerte Ziel der Überparteilichkeit verträgt sich nicht mit dem Anspruch, Amerikas sozioökonomische Neuausrichtung einzuläuten.

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Die Staatsauffassung der Republikaner ist mit den Glaubenssätzen der Demokraten nicht kompatibel. Letztere sehen in Staatseingriffen ein Rezept gegen die Rezession, erstere die Rutschbahn in den Sozialismus. Daran hat auch Obama nichts geändert.

Es ist unwahrscheinlich, dass der Senat die Makel des Konjunkturprogramms noch beheben wird, obwohl dort auf beiden Seiten moderatere Politiker das Sagen haben. Das liegt vor allem an dem Tempo, mit dem die Demokraten ihr Werk zum Gesetz machen wollen.

Die Republikaner fühlen sich unter Druck gesetzt. Sie werfen der Regierung vor, die Zustimmung zu dem Programm zur Bürgerpflicht zu erklären. Sie beklagen, potentielle Neinsager würden als wirtschaftspolitische Deserteure verunglimpft. Das schweißt zusammen: Obama betreibe eine Politik der Angst, giften einträchtig das rechtsintellektuelle Magazin Weekly Standard und der grobschlächtige Radiomoderator Rush Limbaugh.

Bewusst wählen sie einen Begriff, den Obama seinem Amtsvorgänger George W. Bush entgegenschleuderte, der das Land mit patriotischen Parolen hinter sich und seinen Feldzug im Irak scharrte.

Die Fakten seien nun mal erschreckend, geben die Demokraten zurück und hoffen damit, mindestens einen Republikaner zu überzeugen und so im Senat die Blockademöglichkeit der Opposition zu brechen. Doch auch in den eigenen Reihen zweifeln Senatoren an der Wirkungskraft des Konjunkturprogramms.

Jeden Tag neue Hiobsbotschaften

Derweil gehen Tag für Tag neue Negativmeldungen ein. Häuserpreise fallen mit bisher ungekannter Geschwindigkeit, die Wirtschaftsleistung schrumpft so stark wie seit 1982 nicht mehr, und die Zahl der Arbeitslosen erreicht den höchsten Stand seit 40 Jahren. Der Abwärtsstrudel, in den die Finanzkrise die amerikanische Wirtschaft gestürzt hat, hat seine Sogwirkung noch immer nicht eingebüßt.

Doch könnte alles noch viel schlimmer kommen. Weder republikanische, noch demokratische Kongressmitglieder erkennen offenbar, welche Gefahr in den protektionistischen Vorschriften des Gesetzesentwurfes liegt. Die Buy-American-Klausel alarmiert Regierungen von Berlin bis Peking; im US-Senat ist sie ein Randthema.

Dabei sind sich Ökonomen einig: Ein globaler Handelskrieg würde jeden positiven Effekt zunichte machen, den das amerikanische Konjunkturprogramm entfalten könnte, egal, ob es aus Steuersenkungen oder Staatseingriffen besteht. Immerhin hat das Weiße Haus die Sorgen der Handelspartner registriert. Man werde die Vorschrift genau prüfen, versichert Obamas Sprecher Robert Gibbs.

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