Konflikte in Jüdischer Gemeinde Berlin:Tumulte überschatten Vorstandswahlen

Lesezeit: 1 min

Bei den Vorstandswahlen der Jüdischen Gemeinde Berlins ist es zu lautstarken Auseinandersetzungen gekommen. Im Mittelpunkt des Streits steht der neue Vorsitzende Gideon Joffe.

Die größte jüdische Gemeinde in der Bundesrepublik hat einen neuen Vorsitzenden: Bei der ersten Sitzung der Repräsentantenversammlung wählte der neue Vorstand den 39-jährigen Betriebswirt Gideon Joffe am Mittwochabend an die Spitze der Berliner Gemeinde.

Gewählter Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Berlin: Gideon Joffe (Archivbild von 2011) (Foto: dapd)

Joffe, der bereits von 2005 bis 2008 Vorsitzender war, hatte mit seiner Wahlliste "Koach!" (Kraft) 14 der 21 Sitze des Gemeindeparlaments gewonnen. Ein erster Wahlgang war wegen Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung annulliert worden.

Vor den Vorstandswahlen war es zum Teil zu lautstarken verbalen Auseinandersetzungen gekommen. Die Dispute entzündeten wegen Joffe. Zuschauer hielten zu Beginn des Abends ein Transparent "Austritt statt Koach" in die Höhe. Während der Sitzung gab es mehrfach Buhrufe für Joffe. Unterstützer Joffes hielten ihrerseits lautstark dagegen. Für eine Eskalation sorgten Fragen des neu gewählten Repräsentanten Michael Joachim, der Joffe fragte, ob er seine Kandidatur für "ehrenwert" halte. Joachim bezog sich auf vorgebliche staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen Joffe zu dessen bisheriger, knapp einjähriger Tätigkeit bei der inzwischen insolventen Treberhilfe Berlin.

Joffe erklärte, er sei mit großer Mehrheit von den Gemeindemitgliedern gewählt worden. Zu den Vorwürfen äußerte er sich nicht.

Große finanzielle Probleme

Die bisherige Vorsitzende Lala Süsskind war aus persönlichen Gründen nicht wieder angetreten. Der neue Vorsitzende gilt als Gegner des Sparprogramms, das Süsskind der überschuldeten Gemeinde auferlegt hatte. Vor allem Gemeindemitarbeiter hatten sich gegen Pensionskürzungen gewehrt.

Von dem Haushalt 2012 in Höhe von 27,5 Millionen Euro gehen 16 Millionen auf das Konto von Personalkosten und Renten. Die Gemeinde muss zu viel ausbezahlte Betriebsrenten an das Land Berlin zurückzahlen. Der Senat ist bereit, einen Teil der Schulden zu erlassen, wenn das Sanierungskonzept durchgesetzt ist.

Der 1972 in Tel Aviv geborene Joffe war als Kind mit seiner aus Lettland stammenden Familie nach Berlin gezogen. Er studierte Betriebswirtschaftslehre und war als Berater für Geschäftsbeziehungen mit China tätig.

© Süddeutsche.de/dapd/dpa/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: