Koalitionsstreit um Finanztransaktionssteuer:Steinmeier bietet Merkel Unterstützung an

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Eine Finanzmarkttransaktionssteuer nur in der Euro-Zone? Dieser Plan von Angela Merkel stößt nicht nur in der FDP auf Widerstand, sondern auch in ihrer eigenen Partei. Der politische Gegner springt der Kanzlerin bei: An mangelnden Mehrheiten müsse die Einführung der Börsenabgabe nicht scheitern, tönt SPD-Fraktionschef Steinmeier - die SPD sei dabei.

Nach Widerstand aus der FDP stoßen Überlegungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Abgabe auf Börsengeschäfte zunächst nur in der Euro-Zone einzuführen, auch in ihrer eigenen Partei auf Kritik. Ein positives Signal kommt hingegen vom politischen Gegner: SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier bot Merkel die parlamentarische Unterstützung seiner Partei an.

In den eigenen Reihen ist Kanzlerin Merkels Plan für eine Finanztransaktionssteuer im Euro-Raum durchaus umstritten - doch Unterstützung kommt vom politischen Gegner, SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. (Foto: dapd)

"Wenn es Frau Merkel wirklich ernst meint, dann können wir schon in der nächsten Woche im Deutschen Bundestag die Eckpunkte einer Finanzmarktbesteuerung verabschieden", sagte Steinmeier am Dienstagabend in Kiel vor Journalisten. "Es wird jedenfalls nicht an mangelnden Mehrheiten scheitern."

Steinmeier verwies im Vorfeld einer Klausurtagung der SPD-Fraktionsspitze in Kiel darauf, dass die SPD schon lange für eine Finanztransaktionsteuer eintritt. Die Länder der Euro-Zone müssten dabei mit gutem Vorbild vorangehen.

Kritische Stimmen gegen den Vorschlag, den Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy bei einem Treffen am Montag in Berlin erörtert hatten, kamen hingegen nun nicht nur vom Koalitionspartner FDP, sondern auch aus den Reihen der CDU: So sprachen sich Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs und der CDU-Finanzexperte Burkhard Balz gegen solche Überlegungen aus.

Fuchs sagte der Rheinischen Post: "Ich bin gegen eine Finanzmarktsteuer nur innerhalb der Euro-Zone. Eine solche Steuer würde den Finanzplatz Deutschland ganz klar schwächen." Der Wirtschaftspolitiker fügte hinzu: "Am besten wäre eine Finanzmarktsteuer auf der G20-Ebene, also in allen großen Industrie- und Schwellenländern. Wenn das nicht durchsetzbar ist, dann sollten die 27 EU-Staaten die Steuer wenigstens gemeinsam einführen."

Warnung vor Belastung der Frankfurter Börse

Wie Fuchs der Berliner Zeitung sagte, fürchtet er, dass Börsengeschäfte und Arbeitsplätze von Deutschland nach London abwandern werden, wenn Großbritannien nicht mitmache. "Es kann nicht sein, dass wir die Börse in Frankfurt einseitig belasten und dem Finanzplatz Deutschland schaden", betonte Fuchs.

Ähnlich äußerte sich der Finanzexperte Balz. Er halte die Einführung der Finanzmarkttransaktionsteuer "prinzipiell für eine sehr gute Idee - am besten an den großen Finanzplätzen weltweit, zumindest aber in einem abgestimmten Konzept in der EU der 27", sagte er der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Eine Einführung nur in den Euro-Staaten sei hingegen wenig hilfreich.

"Wenn London, Stockholm und andere bei der Einführung der Finanzmarkttransaktionssteuer nicht mitmachen, dann geht das aus wie das Hornberger Schießen. Die großen Investoren ziehen in diese Finanzzentren weiter, und am Ende müssen die Kleinanleger die neue Steuer zahlen", sagte der Abgeordnete im Europaparlament. Außerdem riskierte Europa erneut einen Riss quer durch die Union.

EU-Kommissar Günther Oettinger stellte sich dagegen hinter Merkel und Sarkozy. Er halte eine Einführung der Transaktionssteuer zunächst in der Euro-Zone für vorstellbar, sagte der CDU-Politiker dem Hamburger Abendblatt.

Auch aus der CSU kam erneut Unterstützung. Bayerns Finanzminister Markus Söder sagte der Süddeutschen Zeitung, wenn die Steuer wegen des Widerstands einzelner Staaten nicht in der gesamten EU umgesetzt werden könne, müsse sie zumindest in den 17 Euro-Ländern realisiert werden. "Wenn wir immer warten wollen, bis auch der letzte zustimmt, wird nie etwas passieren."

Söder spricht von Fehleinschätzung der Liberalen

Die FDP unterliege einer Fehleinschätzung: Die Bundesrepublik habe ein grundlegendes strategisches Interesse an der Steuer, da sie Finanzgeschäfte ohne realwirtschaftlichen Hintergrund weniger attraktiv mache. Dadurch würden vor allem die vielen mittelgroßen Banken in Deutschland aufgewertet.

In der schwarz-gelben Koalition in Berlin war der Streit um die Finanzmarktabgabe am Dienstag weiter eskaliert. Führende FDP-Politiker warnten vor Konsequenzen für die gemeinsame Regierungsarbeit, sollte die Union sich über die Bedenken ihres Partners dagegen hinwegsetzen und die Abgabe durchsetzen. Die Liberalen beharren darauf, dass die geplante Transaktionssteuer in der gesamte EU statt nur in der Euro-Zone gilt, also auch in Großbritannien mit dem wichtigen Finanzplatz London.

Eine nüchterne Einschätzung zur Einführung der Finanztransaktionssteuer lieferte der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer. "Ich denke, dass das wohl passieren wird", sagte er dem Deutschlandfunk. Die Steuer sei aber "eher ein politisches Projekt" und werde keinen Nutzen bringen, weil sich die Geschäfte in steuerfreie Länder verlagern würden.

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