Koalitionsfrage:Grüne streiten auf Twitter

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"Was soll das denn?" Auf Twitter hacken die Bundes-Grünen ordentlich aufeinander herum. Es geht um ein Thesenpapier und die Frage: wie halten es die Grünen mit den Schwarzen?

Von Christoph Hickmann, Berlin

Genau einen Tag lang war es ruhig bei den Grünen, dann ging es los mit der Strategiedebatte, die man an der Parteispitze unbedingt hatte vermeiden wollen. Wobei das Wort Debatte ein klein wenig zu hoch gegriffen ist. Die Grünen hackten am Dienstag ordentlich aufeinander herum.

Angefangen hatte es mit einem Artikel auf Spiegel Online, es ging um ein im Internet veröffentlichtes sogenanntes Thesenpapier mit dem Titel "Rotgrün und dann?". Verfasst hatte es Dieter Janecek, bayerischer Landeschef der Grünen sowie einer der Koordinatoren des Realo-Flügels, gemeinsam mit einem Parteifreund. Janecek hält die feste Bindung der Bundes-Grünen an die SPD für falsch und versucht seit längerem, eine Debatte über eine Öffnung zu erzwingen, vor allem für Schwarz-Grün.

In dem wenige Absätze umfassenden "Papier" heißt es, man wolle zwar Rot-Grün, aber "keinen Lagerwahlkampf": "Wer jetzt noch auf das Lagerwahlkampfmodell setzt, reitet ein totes Pferd." Am Ende greifen die Autoren namentlich Fraktionschefin Renate Künast an, die eine Debatte über Schwarz-Grün für "überflüssig" erklärt hatte: "Wer sich jetzt in das Zwangsbett der politischen Lager legt, lockt die Wählerinnen und Wähler auf die falsche Fährte." So ähnlich (wenn auch vielleicht nicht ganz so hart) war das von Janecek schon häufig zu hören, doch diesmal schlugen die Parteifreunde zurück - beim Kurznachrichtendienst Twitter jagte eine Wortmeldung die nächste.

"'Thesenpapier' von 'Spitzenrealos' gelesen und sich gefragt, wo sind die Thesen und wer sind die Spitzenrealos?", ätzte dort der Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer. Noch härter dürfte die Autoren treffen, dass Krischer für seine Schmähung Beifall von Fraktionskollegin Priska Hinz bekam: "genau!", so pflichtete sie ihm bei - was vor allem bemerkenswert ist, weil sie gemeinsam mit Janecek den Realo-Flügel koordiniert. Auch Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, war nicht begeistert.

Er ließ auf die Buchstaben OMG (kurz für "Oh my god") eine an die Autoren gerichtete Frage folgen: "Was soll das denn?" Gelesen hatte er das Papier offensichtlich auch schon, wollte aber nicht allzu harsch werden: "überflüssig wie ein .,.,", dabei beließ er es, während die Abgeordnete Monika Lazar den Vorstoß für "inhaltlich wie zeitlich voll daneben" erklärte und ihre Kollegin Beate Müller-Gemmeke forderte: "Einfach mal die Klappe halten."

So ging es weiter. Gesine Agena, Mitglied im 16-köpfigen Parteirat, nannte es "irgendwie albern", ausgerechnet jetzt über Schwarz-Grün "zu schwadronieren". Ihr Parteiratskollege Rasmus Andresen sah das ähnlich: "Wer nach Niedersachsenwahl Thesenpapier veröffentlicht und von Rot Grün abrücken will, begreift strategischen Moment der Stunde nicht", schrieb er - woraufhin Janecek antwortete: "Nicht dass das in irgendeiner Form in diesem Papier stünde." Offenbar fühlte er sich ungerecht behandelt, jedenfalls twitterte er am Nachmittag: "ReflexReflexReflex." Und mit der Ruhe bei den Grünen ist es erst einmal vorbei.

© SZ vom 23.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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