Das Gute an der neu entbrannten Diskussion um den Mindestlohn ist, dass in Deutschland endlich wieder über Wirtschaftspolitik geredet wird. Denn alle Bemühungen um den Euro verdecken ja nur, dass es in der Wirtschaftspolitik weiterhin auch anderes zu entscheiden gilt. Die alten Debatten, zu denen auch Arbeitszeit, Bürokratie, Steuern zählen, haben sich ja nicht erledigt, sie werden nur nicht wahrgenommen inmitten all der historischen Zäsuren.
Nun kommen die Themen wieder, das ist die gute Nachricht, aber auch verknüpft mit den alten Vorurteilen - das ist schade. Bei den Mindestlöhnen haben es deren Anhänger leicht: Ihre Argumente wärmen schon auf den ersten Blick die Herzen.
In der Sache kann man trefflich streiten, aber diese Diskussion lassen die Sozialpolitiker aller Parteien, auf deren Seite sich in einem beherzten Schwenk nun auch die CDU-Parteistrategen schlagen, gar nicht erst zu.
Falsche Unterstellungen
Sie unterstellen der schrumpfenden Zahl von Gegnern allgemeiner Mindestlöhne vor allem zwei Absichten.
Erstens wittern sie soziale Kälte. Dabei sind viele Kritiker zu Recht der Meinung, ein schlecht bezahlter Job sei besser als keiner, weil er die Chance bietet, sich im Arbeitsleben zu halten und dort hoffentlich sogar voranzukommen - das ist das Gegenteil von kalt.
Zweitens schwingt bei Gewerkschaftern, Sozis und richtigen Linken häufig die Überzeugung mit, Arbeitgeber seien von Natur aus böse und würden jede Gelegenheit nutzen, Löhne zu drücken. Auch das ist falsch. Die allermeisten Arbeitgeber sind so nicht. Sie wollen gerne gut zahlen - auch weil sie dann gute Leistung bekommen. Sie können es häufig nur nicht, wenn sie die Belegschaft nicht dezimieren wollen.