Katalonien:Mehrheit für Separatistin

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Das katalanische Parlament wählt Carme Forcadell zur neuen Präsidentin. Derweil hat die Regierungspartei CDC mit Korruptionsvorwürfen zu kämpfen.

Von THOMAS URBAN, Madrid

Das neue Regionalparlament in Barcelona hat am Montag die Linguistin Carme Forcadell, eine der führenden Aktivistinnen der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung, zu seiner neuen Präsidentin gewählt. Für die Kandidatin der Linksrepublikaner (ERC) stimmten auch die Abgeordneten der katalanischen Konservativen (CDC) unter dem bisherigen Regionalpräsidenten Artur Mas sowie die linksextreme Gruppierung CUP und die linksalternative Partei Podemos. Vertreter dieser beiden Gruppierungen hatten zuletzt angedeutet, dass sie auch die anstehende Wiederwahl Mas' an die Spitze der Regionalregierung nicht blockieren wollten.

Mas hat angekündigt, er wolle Katalonien innerhalb von 18 bis 24 Monaten in die staatliche Unabhängigkeit führen. Allerdings hat seine Partei mit einer Korruptionsaffäre zu kämpfen.

Bei den Regionalwahlen am 27. September hatten die Parteien, die sich eindeutig für die Sezession von Madrid aussprechen, zusammen nur 48 Prozent der Stimmen bekommen. Die Wahl der neuen Parlamentspräsidentin Forcadell hat nun aber offengelegt, dass auch bei dem katalanischen Ableger von Podemos die Befürworter einer Abspaltung offenbar die Oberhand gewonnen haben.

Die Regierungspartei CDC hat mit Korruptionsvorwürfen zu kämpfen

Carme Forcadell war bis zu diesem Frühjahr Präsidentin der Katalanischen Nationalversammlung (ANC), dem nicht-staatlichen Dachverband der Bürgerinitiativen und Gruppierungen, die einen eigenen Staat Katalonien anstreben. Ihre Wahl liefert auch Artur Mas ein Argument gegen den von Madrid vorgebrachten Vorwurf, hinter dem Konfrontationskurs Barcelonas stehe nicht einmal die Hälfte der Einwohner der Region.

Mas steht allerdings unter zunehmendem Druck wegen der sogenannten Drei-Prozent-Affäre. Die spanischen Strafverfolger werfen seiner Partei CDC vor, viele Jahre lange bei der Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen drei Prozent der Investitionssumme für eine schwarze Parteikasse verlangt zu haben. Der CDC-Schatzmeister Andreu Viloca und mehrere Unternehmer wurden deshalb in der vergangenen Woche in Untersuchungshaft genommen.

Ein Parteisprecher der CDC sprach von gezielten Angriffen der Regierung in Madrid auf die katalanische Unabhängigkeitsbewegung. Mas war früher enger Mitarbeiter des langjährigen Regionalpräsidenten Jordi Pujol, der im vergangenen Jahr öffentlich zugeben musste, dass er über ein Konto in Andorra viele Jahre lang Steuern hinterzogen hatte. Außerdem wurde die Existenz eines Kontos Pujols in Liechtenstein bekannt.

Auch hat die Staatsanwaltschaft in Madrid ein Verfahren gegen Mas eröffnet, weil er am 9. November 2014 eine "Volksbefragung" über den "Weg zur Unabhängigkeit" habe durchführen lassen. Die spanische Verfassung verbietet die einseitige Unabhängigkeitserklärung einer Region.

In Spanien wird am 20. Dezember ein neues Parlament gewählt, Ministerpräsident Mariano Rajoy hat die Verteidigung der Einheit des Landes zu einem zentralen Wahlkampfthema gemacht. Abgesehen von den Regionen Katalonien und Baskenland sowie der Balearen-Inseln stößt er damit bei der Mehrheit seiner Landsleute auf Zustimmung.

© SZ vom 27.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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