Kandidatinnen für Bundestagswahl:Unter Männern

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Angela Merkel (re.) steht an der Spitze eines von Männern dominierten Parlaments. (Foto: AFP)

Der Frauenanteil im Bundestag dümpelt bei knapp einem Drittel. Dabei bleibt es wohl laut einer Studie auch nach der Wahl. Grüne und Linke halten auf den Landeslisten ihre 50-Prozent-Quote zwar ein, bei der FDP ist aber nur jeder fünfte Bewerber weiblich. Union und SPD vernachlässigen Frauen bei den für große Parteien ausschlaggebenden Direktkandidaten.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Trotz Quotendebatte und Frauenquoten in einigen Parteien wird sich der Frauenanteil im Bundestag nach der Wahl kaum erhöhen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der unabhängigen Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft in Berlin (EAF), die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Dafür haben sich die Wissenschaftler die Kandidaten der Parteien auf den Landeslisten und in den Wahlkreisen angesehen. Die Ergebnisse sind frappierend. Der Frauenanteil im Bundestag stagniert seit mehr als zehn Jahren. Derzeit sind 32,9 Prozent der Abgeordneten Frauen - und viel größer dürfte der Anteil auch nach der Wahl nicht sein.

Nur etwa ein Viertel aller Bewerber um ein Mandat für den kommenden Bundestag sind Frauen, nämlich 25,8 Prozent. Dabei sind vor allem Splitterparteien männerdominiert: Von den insgesamt 2055 Kandidaten, die für die fünf großen Parteien CDU/CSU, SPD, Linke, Grüne und FDP in den Bundestag einziehen wollen, sind immerhin 33,9 Prozent Frauen.

Frauenanteil im Bundestag
:Es werden nicht mehr

Einer aktuellen Studie zufolge wird sich der Frauenanteil im Bundestag nach der Wahl am 22. September 2013 kaum erhöhen. Momentan liegt dieser bei 32,9 Prozent.

Auch zwischen Landeslisten und Direktkandidaturen gibt es Unterschiede: Auf den Landeslisten der großen Fünf bewerben sich 37,8 Prozent Frauen. Unter den Direktkandidaten finden sich dagegen nur 29,8 Prozent Frauen. Bei einzelnen Parteien ist dieser Unterschied noch größer. CDU und CSU haben zwar eine Quote von 33,3 Prozent. Das wird mit 34,9 Prozent sogar übererfüllt. Aber die Quote gilt nur für die Landeslisten. Diese sind in der Union eher bedeutungslos für die Frage, wie viele Frauen tatsächlich in den Bundestag einziehen. Die meisten Sitze gewinnen die Unionsparteien über Direktmandate. Dort treten neben 234 Männern lediglich 57 Frauen an, das sind 22,3 Prozent. Aktuell sind 20 Prozent der Unionsabgeordneten Frauen.

AfD, Piraten und FDP mit geringstem Frauenanteil

Ein ähnliches Bild zeigt die SPD. Die Quote ist für die Landeslisten mit 40 Prozent festgelegt. Diese verfehlt sie jedoch auf sechs der 16 Landeslisten. In Nordrhein-Westfalen etwa haben es lediglich 18 Frauen auf die Liste geschafft, neben 45 Männern. Von den Direktkandidaten der SPD sind bundesweit 37,2 Prozent Frauen. Auch hier wird die Quote verfehlt.

Bundestag
:Abschied von der Alpha-Riege

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Besonders deutlich sind die Zahlen der FDP. Mit lediglich 17,1 Prozent Frauen stellen die Liberalen die mit Abstand wenigsten weiblichen Direktkandidaten. Auf den für kleine Parteien aussichtsreicheren Landeslisten sind es nur wenig mehr, nämlich 20,1 Prozent. In Berlin und Mecklenburg-Vorpommern treten für die FDP gar keine Frauen an.

Spitze bei der Gleichberechtigung sind dagegen Linke und Grüne. Auf den vielversprechenden Landeslisten kandidieren für die Grünen 50,9 Prozent Frauen, für die Linke 50,3 Prozent. Beide Parteien halten damit insgesamt ihre selbstgesteckten Quoten ein. Wobei die Grünen ihre 50-Prozent-Quote in Thüringen mit 27,3 Prozent und in Sachsen mit 46,2 Prozent klar verfehlen. Die Linke schafft es in Thüringen, im Saarland, in Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern nicht.

Englische Labour Party als Vorbild

Was die Präsenz von Frauen in der Politik angeht, ist von den beiden neu antretenden Parteien, Piraten und Alternative für Deutschland (AfD), kein neuer Impuls zu erwarten. Die Piraten landen mit 21,1 Prozent Frauen auf den Landeslisten nur knapp vor der FDP. Die AfD kommt nur auf 15,9 Prozent.

Eine der Autorinnen der Studie, Helga Lukoschat, führt die englische Labour Party als Positivbeispiel an. Diese habe "in einem Drittel der für sie aussichtsreichen Wahlkreise" ausschließlich Frauen als Direktkandidatinnen aufgestellt. "Darüber konnte der Frauenanteil bei den Abgeordneten erfolgreich gesteigert werden", sagte Lukoschat.

© SZ vom 14.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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