Kandidaten für die russische Präsidentschaft:Der Wankelmütige, der Polit-Clown und der Kommunist

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Die Kandidaten für das Rennen um das Amt des russischen Präsidenten stehen fest - unter ihnen eine Art Polit-Clown, der Chef der Kommunistischen Partei und einer, den die Russen als wankelmütig bezeichnen. Die drei Kandidaten im Kurzportrait.

Jessica Schober

Die Kandidaten für das Rennen um das Amt des russischen Präsidenten stehen fest - unter ihnen eine Art Polit-Clown, der Chef der Kommunistischen Partei und einer, den die Russen als wankelmütig bezeichnen. Die drei Kandidaten im Kurzportrait.

Sergej Mironow, Vorsitzender der Partei Gerechtes Russland, hält sein Fähnlein in den Wind des russischen Protests: Zuletzt profilierte er sich immer stärker als Kreml-Kritiker. (Foto: dpa)

Der Wankelmütige: Sergej Mironow

Er hat es schon einmal versucht und ist kläglich gescheitert: 2004 trat Sergej Mironow bei den Präsidentenwahlen an, um Wladimir Putins Kandidatur zu unterstützen, wie er sagte. Am Ende holte Putin mehr als 70 Prozent der Stimmen. Mironow war mit seinen 0,75 Prozent "äußerst zufrieden". Nun hat sich die Stimmung in manchen Teilen des Landes gedreht - und so hält auch der aus dem Petersburger Clan stammende Mironow sein Fähnlein in den Wind des Protests. "Ich mache das nicht, um anzutreten, sondern um zu gewinnen", sagte der 58-Jährige. Er rechne fest mit einer Stichwahl.

Dabei hatte sich Mironow als Vorsitzender des Föderationsrats mit Kritik am Kreml bislang zurückgehalten. Seine linkskonservative Partei Gerechtes Russland ist für viele nur die Imitation einer parlamentarischen Opposition, weil sie die meisten Gesetzentwürfe in der Duma einfach nur durchwinkt. In letzter Zeit profilierte sich Mironow aber immer stärker als Kreml-Kritiker. Wie die Wirtschaftszeitung Wedomosti schreibt, könnten sich liberal gesinnte Wähler, die Putin ablehnen, nach dem Rauswurf Jawlinskis nun am ehesten auf Michail Prochorow oder eben Mironow konzentrieren.

Ein Versprechen, mit dem Mironow zuletzt auf Stimmenfang ging, nutzte er jedenfalls auch als Seitenhieb auf Dmitrij Medwedjew: Noch im Herbst wolle er die Uhrenumstellung, mit der Medwedjew auf viel Missmut in der Bevölkerung gestoßen war, rückgängig machen und zur Winterzeit zurückkehren.

Dem Namen nach geht Wladimir Schirinowskij für die Liberaldemokratische Partei bei der Präsidentenwahl ins Rennen. Dass die Partei jedoch weder liberal noch demokratisch ist, liegt nicht zuletzt an ihrem ultranationalistischen Vorsitzenden. Schirinowskij wird immer wieder als "Polit-Clown" bezeichnet, der für seine Prügeleien im Parlament und seine Saufgelage vor laufender Kamera bekannt ist.

Wladimir Schirinowskij, Chef der Liberaldemokratischen Partei Russlands, ist für seine Prügeleien im Parlament und seine Saufgelage vor laufender Kamera bekannt. (Foto: AFP)

Tatsächlich aber erfüllt der 65-Jährige eine wichtige Funktion im System Putin: Mit seinen oft rassistischen und antisemitischen Äußerungen fischt er Wähler am rechten Rand ab. Ansonsten stimmt der Polterer, der noch als eine Erfindung der Polit-Strategen um Boris Jelzin gilt, mit seiner Partei in der Duma meist Kreml-konform ab. Er folgte Putin kürzlich sogar, als der den Demonstranten vorwarf, sie würden im Auftrag des Auslands handeln.

Seit 20 Jahren spukt Schirinowskij durch die russische Politik. Er fordert die Wiederherstellung der Grenzen des russischen Zarenreichs oder gar einen Atombombenabwurf über dem Atlantik. Zuletzt übte er aber doch einmal Kritik an Putin: Dieser habe gegen das russische Wahlgesetz verstoßen, sagte Schirinowskij. Damit bezog er sich jedoch nicht auf die Wahlmanipulationen im Dezember, sondern lediglich auf Putins Absage an ein Fernsehduell mit seinen Kontrahenten. Putin hatte angekündigt, nur einen Vertreter zur TV-Debatte zu schicken. Das empfand Schirinowskij, der die große Bühne liebt, als "Demütigung".

Eine zweite Wahlrunde wäre für Wladimir Putin ein Gesichtsverlust. Für Gennadij Sjuganow wäre sie ein Erfolg. Der Vorsitzende der Kommunistischen Partei, der schon 1996 Boris Jelzin in eine Stichwahl zwang, wittert in den Massenprotesten gegen die Wahlfälschungen seine große Chance. Ob die Demonstranten sich aber dem 67-Jährigen anschließen werden, der nach Umfragen derzeit auf Platz zwei hinter Putin landen würde, steht noch nicht fest.

Anfangs hatte sich Sjuganow von den Dezemberdemonstrationen noch ferngehalten. Doch dann gelang ihm der Schulterschluss mit dem Linksaktivisten Sergej Udalzow. Um möglichst viele Protestwähler abzuschöpfen, will Sjuganow mit ihm gemeinsame Sache machen. Im Gegenzug soll er zugesagt haben, im Falle eines Wahlerfolgs zentrale Forderungen der Protestbewegung erfüllen zu wollen. Die "Liga der Wähler", ein Bündnis parteiloser Regimekritiker, distanzierte sich hingegen von jeglicher Zusammenarbeit mit etablierten Parteien.

Dass Sjuganow - wie die Präsidentenkandidaten der anderen in der Duma vertretenen Parteien auch - die Absetzung des Wahlleiters Wladimir Tschurow fordert, wird ihm für einen Erfolg nicht reichen. Vielmehr muss er sein Image als ehemaliger Sowjet-Apparatschik loswerden. Seine Partei steht noch immer für die nostalgische Verklärung des kommunistischen Regimes während der Sowjetunion - und ist damit gerade für viele junge Menschen unwählbar.

© SZ vom 27.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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