Kalif Mirza Masroor Ahmad:"Nutzt all euer Potenzial, um dieses Land zu einem besseren Ort zu machen"

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In Deutschland leben 40 000 Ahmadis - die meisten von ihnen sind zur Jahreshauptversammlung der Ahmadiyya gekommen. (Foto: Khang Nguyen/dpa)

Etwa 40 000 Anhänger der islamischen Reformgemeinde Ahmadiyya treffen sich am Wochenende in Karlsruhe. Ein Gespräch mit ihrem geistigen Oberhaupt darüber, wie Integration funktionieren kann.

Interview von Benjamin Moscovici

Seine Heiligkeit Kalif Mirza Masroor Ahmad ist das geistige Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Jamaat, deren jährliche Versammlung in Deutschland mit etwa 40 000 Teilnehmern in Karlsruhe stattfindet. Die Religionsgemeinschaft der Ahmadis stammt ursprünglich aus Indien und Pakistan und glaubt an einen Propheten aus dem 19. Jahrhundert, der den Islam erneuert habe. Für andere Muslime gilt Mohammed als letzter aller Propheten, der die Botschaft Gottes an die Menschen vervollständigt hat.

1974 wurde den Ahmadis in ihrer Heimat Pakistan verboten, ihren Islam zu leben. Auf Zuwiderhandeln standen schwere Strafen, zum Teil der Tod. Viele Ahmadis wurden so zur Flucht gezwungen. Kalif Mirza Masroor Ahmad wurde 1950 in Pakistan geboren, arbeitete als Entwicklungshelfer in Ghana und wurde 2003 in London zum fünften Nachfolger des Messias gewählt.

SZ: Eure Heiligkeit, gibt es einen Unterschied zwischen Ihrem Gott und dem Gott von Juden, Christen und anderen Muslimen?

Mirza Masroor Ahmad : Es gibt nur einen Gott. Er ist es, der den Menschen seine Botschaft und die Propheten geschickt hat. Und ja, natürlich gibt es Konflikte zwischen den verschiedenen Strömungen im Islam. Genau wie im Christentum oder Judentum. Aber am Ende glauben wir alle an den gleichen Gott.

Sie stehen an der Spitze eines Kalifats. In den vergangenen Jahren wird der Begriff mit Bildern des Grauens und des Terrors verbunden. Wofür steht Ihr Kalifat?

Ich habe den gleichen Auftrag und die gleiche Botschaft wie der Messias. Schon im Koran steht geschrieben: Es wird eine Zeit kommen, wenn der Islam gespalten wird. Und genau in dieser Zeit soll jemand kommen und alle Muslime zusammenbringen. Das ist unsere Aufgabe.

Deutschland steht kurz vor der Bundestagswahl. Islam, Migration und Flüchtlinge sind wichtige Themen im Wahlkampf. Viele Ahmadis kamen als Flüchtlinge nach Deutschland, heute gelten die meisten von ihnen als besonders gut integriert. Lässt sich diese Erfolgsgeschichte wiederholen?

Die deutsche Politik war schon immer sehr offen. Und es sieht so aus, als würde das Land die Ankunft vieler Flüchtlinge gut meistern. Wenn die Flüchtlinge gute Menschen sind und sich an die Gesetze des Landes halten und wirklich ein Teil der Nation werden wollen, dann sollten sie nie abgewiesen werden.

Haben Sie auch einen Ratschlag an die Menschen, die jetzt neu als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind?

Ja. Den gleichen Rat, den ich meinen Anhängern auch immer gebe: Haltet euch an die Gesetze und nutzt all euer Potenzial, um dieses Land zu einem besseren Ort zu machen. Und statt Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, arbeitet hart und versucht zu einem Teil der Gesellschaft zu werden.

Insbesondere in Pakistan, aber auch in vielen anderen muslimisch geprägten Ländern werden Ahmadis brutal verfolgt. Machen Sie sich Sorgen um Ihre Anhänger, wenn Hundertausende Muslime nach Europa kommen?

Wer kommt und nur Hass und Gewalt sät, der sollte mit aller Härte behandelt werden. So etwas darf nicht ignoriert werden. Trotzdem sehe ich keinen Grund, jetzt Angst zu haben. Es gibt schließlich auch Neonazis, die waren schon immer da und sind auch gefährlich.

Haben Sie mehr Angst vor radikalen Islamisten oder vor Neonazis, Rassisten und Ausländerfeinden?

Ich habe vor niemandem Angst. Meine Erfahrung ist: Wenn du die Botschaft von Frieden, Liebe und Harmonie in die Welt trägst, dann verstehen und respektieren dich die Menschen und die, die früher deine Feinde waren, werden deine Freunde.

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