Italien:Mussolini gegen Mussolini

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Bei der Kommunalwahl in Rom treten zwei Enkelinnen des Faschistenführers gegeneinander an. Ihr Nachname ist ihr politisches Kapital.

Von Oliver Meiler, Rom

Man nennt sie "Italienerinnen mit Nachnamen", und man könnte denken, dass dieser Nachname in ihrem Fall schwer zu tragen ist. Alessandra und Rachele Mussolini sind Enkelinnen des Faschistenführers, des Duce, Italiens Diktator mit der mächtigen Kinnlade. Doch sie tragen ihren Namen mit Leichtigkeit. Er ist ihr politisches Kapital.

Wenn die Römer in einem Monat ihren Bürgermeister und den Stadtrat wählen, dann stehen die beiden Halbschwestern, Töchter aus zwei Ehen von Romano Mussolini, auf zwei unterschiedlichen Wahllisten der Rechten. Mussolini versus Mussolini also. Das ist schnell einmal möglich in der weitläufigen Welt der "Destra romana", diesem Biotop für Alt-, Post- und Neofaschisten.

Die bekanntere der beiden, Alessandra Mussolini, 53 Jahre alt, kandidiert für Silvio Berlusconis rechtsbürgerliche Forza Italia. Sie führt die Liste an, auch das überrascht schon lange niemanden mehr. Ihre Karriere verdankt Alessandra ihrem Nachnamen. Sie war Abgeordnete und Senatorin der Republik und sitzt nun im Europäischen Parlament. Bei den Kommunalwahlen stützt sie Alfio Marchini, den Abkömmling einer Baudynastie, dessen Vater zu Zeiten ihres Großvaters ein "Partigiano" war, ein Widerstandskämpfer. Ihre Herkunft scheint Marchini nicht weiter zu stören. Zu seinen Alliierten gehört auch Francesco Storace, eine berühmte Figur der harten Rechten, von dem er sagt: "Storace ist ein echter Faschist, mit dem Herzen." Gemeint ist das als Gütesiegel.

Vor acht Jahren haben die Rechten ihre Kräfte vereint, nun bekämpfen sie sich

Die zehn Jahre jüngere Rachele Mussolini unterstützt Giorgia Meloni, eine ehemalige Sportministerin, von der postfaschistischen Partei Fratelli d' Italia. Das passt schon besser. Meloni beteuert: "Ich wollte sie als Person, zweifache Mutter und Universitätsabsolventin mit prekärer Anstellung, nicht wegen ihres Nachnamens." Doch so wirklich überzeugend klang das nicht. Ihre Mussolini heißt obendrein auch noch Rachele, wie die Frau des Diktators. "Ein Nachname", sagte Meloni noch, "sollte weder ein Vorteil noch ein Nachteil sein." Im Prinzip hat sie natürlich Recht, außer vielleicht in diesem Fall.

"Nonno Benito" trauern noch zwei Herren nach, die in Rom Bürgermeister werden wollen. Simone Di Stefano, einer der Gründer von Casa Pound, will seine "Destra radicale", die radikale Rechte, unbedingt als Abordnung der "Faschisten des 3. Jahrtausends" verstanden wissen. Alfredo Iorio führt ein Bündnis an aus den offen rechtsextremen Parteien Fiamma Nazionale, Forza Nuova und des wieder belebten Movimento Sociale Italiano.

Vor acht Jahren hatten die Rechten noch ihre Kräfte zusammengeworfen und verhalfen dem Postfaschisten Gianni Alemanno an die Macht. Diesmal bekämpfen sich die Nostalgiker, und werden sich so wohl um den Sieg bringen. Glaubt man den Umfragen, dann ist die junge Anwältin Virginia Raggi von der Protestpartei Movimento Cinque Stelle Favoritin auf den Wahlsieg. Sie steht weder rechts noch links, und sie hat auch keinen schwer klingenden Nachnamen.

© SZ vom 07.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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