Italien:Berlusconi in Not

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Italiens Premier Silvio Berlusconi hat sich viele Skandale geleistet - und in seiner Partei herrscht kurz vor den Regionalwahlen Chaos: Nun verlieren die Bürger das Vertrauen.

Andrea Bachstein, Rom

Silvio Berlusconi und seine Regierung liegen weniger als drei Wochen vor den Regionalwahlen in Italien im Umfragetief. Nach Zahlen, die die Zeitung La Repubblica veröffentlichte, hat der Premier seit 18. Januar vier Prozentpunkte eingebüßt. Die Frage, ob sie viel oder ausreichend Vertrauen in den Regierungschef haben, bejahten 44 Prozent der Beteiligten. 54 Prozent gaben "wenig oder keines" an. Die Regierung insgesamt verlor seit Januar zwei Prozentpunkte und liegt bei 38 Prozent. Wenig oder kein Vertrauen in sie zu haben, gaben 58 Prozent an. Befragt wurde eine repräsentative Auswahl von 1000 Personen.

Allein seit Februar hat Berlusconi zwei Prozentpunkte in Umfragen verloren. In diese Zeit fallen Enthüllungen einer Korruptionsaffäre. Sie betrifft unter anderen den von Berlusconi geförderten Chef des Zivilschutzes, Guido Bertolaso. Außerdem gibt es Verbindungen zur Familie von Berlusconis Kabinettschef Gianni Letta. Chaos herrscht zudem in Berlusconis Partei Popolo della Libertà (PDL), die in der Stadt Rom und in der Provinz Rom von den Regionalwahlen ausgeschlossen wurde.

Innerhalb knapp eines Jahres hat Berlusconi zwölf Prozentpunkte verloren. Im April 2009, ein Jahr nach der letzten Parlamentswahl, lag der entsprechende Wert bei 56 Prozent. Diese Zahl wurde wenige Tage nach dem Erdbeben in den Abruzzen erhoben. Der Premier fand damals viel Anerkennung für seine Präsenz in der verwüsteten Region. Seither sind seine Vertrauenswerte gesunken.

Einbrüche in den Umfragen passierten im vergangenen Sommer, als diverse Affären Berlusconis enthüllt wurden. Es ging unter anderem um Fotos von ausschweifenden Festen in seinem Anwesen auf Sardinien und um Callgirls bei Abendeinladungen in Rom. Bei den sinkenden Werten gab es 2009 nur eine Ausnahme: Nachdem der Premier im Dezember in Mailand von einem psychisch Kranken verletzt worden war, legte er vorübergehend in Umfragen zu.

Seiner Partei PDL vertrauten jetzt 43 Prozent, drei Prozentpunkte weniger als im Januar und Februar. Im vorigen April lag der Wert noch bei 50 Prozent. Von den anderen Parteien hat laut Umfrage seit damals nennenswert nur die Links-Mitte-Partei Partito Democratico (PD) Vertrauen dazugewonnen. Der Wert stieg von 31 auf 40 Prozent.

Berlusconi drückt umstrittenes Gesetz durch

In den Umfragen spiegelt sich die Wirtschaftskrise. Das Bruttoinlandsprodukt ist 2009 um fünf Prozent gesunken. Die Arbeitslosigkeit liegt bei etwa zehn Prozent, und es wird erwartet, dass weitere Jobs verlorengehen. Die Sozialleistungen sind gering. Zugleich erleben die Bürger eine Regierung, die seit Monaten einen Großteil ihrer Kräfte dafür aufwendet, immer neue Justizgesetze zu entwerfen. Es handelt sich um Regelungen, von denen der Premier persönlich profitieren würde bei Prozessen, die aus seiner Unternehmertätigkeit gegen ihn anhängen. So brachte er am Mittwoch ein Gesetz durchs Parlament, mit dem die Prozesse gegen ihn um bis zu 18 Monate verzögert werden könnten. Die Regelung räumt ihm die Möglichkeit ein, laufende Gerichtsverfahren für mindestens ein halbes Jahr auszusetzen.

Berlusconi präsentierte unterdessen seine Version der Umstände, die zum Ausschluss der PDL in Rom und der Provinz Rom von der Regionalwahl am 28. und 29. März geführt haben. Die PDL hatte die nötigen Unterlagen am 27. Februar nicht innerhalb der Frist bei Gericht abgeliefert. Laut Berlusconi waren die Vertreter der PDL rechtzeitig anwesend. Angehörige der Radikalen Partei sowie Justizmitarbeiter hätten sie aber daran gehindert, die Dokumente rechtzeitig und vollständig zu übergeben.

Nach dem Ausschluss der PDL von der Wahl in Stadt und Provinz Rom wollte die Regierung mit einem Dekret die Teilnahme der PDL noch ermöglichen. Jedoch hat ein Verwaltungsgericht das Dekret in der Region Latium für nicht anwendbar erklärt. Berlusconi hat nun seine Anhänger für den 20. März zum Protest in Rom aufgerufen.

© SZ vom 11.3.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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