Israels Angriffspläne gegen Iran:Peres kritisiert Netanjahus Iran-Politik

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Lange Zeit hatte sich Israels Präsident Peres loyal gegenüber seinem Premier gezeigt. Doch damit scheint Schluss zu sein. In einer Fernsehansprache kritisiert er offen Netanjahus Alleingang beim Konflikt mit Iran.

Peter Münch

Am Donnerstag feierte Schimon Peres offiziell seinen 89. Geburtstag. Er hatte dazu Schüler und Studenten ins Städtchen Yeroham eingeladen, der alte Präsident Israels umgibt sich gern mit jungen Menschen. Zur Feier des Tages gab es eine üppige Torte, und Peres bedankte sich mit einer Rede zu seinem Lieblingsthema: "Mein Wunsch", so sagte er, "ist derselbe wie jedes Jahr: Dass es Frieden geben möge für die Kinder Israels."

Schimon Peres bei seinem Besuch in Griechenland Anfang August. (Foto: dpa)

Warme, unverfängliche Worte waren das aus gegebenem Anlass, doch am Abend legte Peres noch einmal deutlich nach. Statt vom Frieden sprach er in einem Fernsehinterview vom Krieg - und krachend fuhr er damit dem Premierminister in die Parade.

"Peres lag falsch"

Benjamin Netanjahu gefällt sich derzeit wieder einmal besonders in der Rolle des obersten Kriegstreibers. An Kritik an seinem Kurs gegenüber Iran fehlt es auch in Israel nicht, doch von so hoher Warte ist ihm bislang noch nicht Paroli geboten worden. "Es ist uns klar, dass wir das nicht alleine machen können", erklärte nun Präsident Peres zu einem Militärschlag - unklar blieb allein, wen er mit "wir" meint.

"Wir müssen mit den Amerikanern zusammengehen", fuhr er fort und warnte mit einem gezielten Seitenhieb auf Netanjahu davor, die engsten Freunde zu verprellen.

Unmittelbar nach Ausstrahlung dieses Interviews ließ Netanjahu seine Berater von der Leine, die anonym, aber dafür umso brutaler zum Gegenangriff übergingen. "Peres hat vergessen, was die Rolle des Präsidenten im Staate Israel ist", schimpften sie - und stellten ihn als einen Mann hin, der stets auf der falschen Seite gestanden und damit immer wieder die Sicherheit des Landes gefährdet habe. "Peres lag falsch, als er dachte, es würde nach den Osloer Verträgen einen neuen Nahen Osten geben", erklärten sie.

Als zweite Fehleinschätzung nannten sie den Glauben, dass nach Israels Rückzug aus dem Gaza-Streifen Ruhe einkehren würde. "Seinen größten Fehler aber machte er 1981, als er sich gegen die Bombardierung des irakischen Atomreaktors stellte", hieß es.

Lange Zeit loyal gegenüber dem Premier

Der öffentliche Schlagabtausch zwischen Präsident und Premierminister zeigt, wie blank die Nerven in Jerusalem liegen. Schließlich ist der Friedensnobelpreisträger Peres nicht nur der erste Mann im Staat, er kann auch auf eine überragende Lebensleistung zurückblicken. Seit Israels Staatsgründung vor 64 Jahren bekleidete er so ungefähr jeden wichtigen Regierungsposten, überdies gilt er als Vater des israelischen Atomprogramms.

Trotz bekannter Meinungsunterschiede hatte er sich bislang dem Premierminister gegenüber sehr loyal gezeigt. Im November hatte Peres sogar höchstselbst davon gesprochen, dass die Zeit ablaufe und ein Krieg gegen Iran wohl kaum noch zu vermeiden sei. Doch nun sah er offenbar die Zeit gekommen, sich dem Premier in den Weg zu stellen.

Dieser Konflikt könnte in den nächsten Wochen weiter eskalieren, denn Peres legte nach. Er stellt sich demonstrativ auf die Seite des US-Präsidenten Barack Obama und seiner Regierung, die immer wieder deutlich vor einem israelischen Alleingang warnt. "Ich glaube von ganzem Herzen, dass Obama es Iran nicht erlauben wird, Atomwaffen zu bekommen", sagte er in einem weiteren Interview. Israel könne Irans Atomprogramm nur verzögern, doch die amerikanischen Freunde könnten es beenden. Auch darauf gab es gleich eine Antwort aus dem Regierungslager: "Wir wissen seit langer Zeit, dass sich Peres mit den Amerikanern abstimmt", hieß es. "Sie tun das, um die israelische Abschreckungskraft zu schwächen."

© SZ vom 18.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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