Island:Neuer Premier, alte Fehler

Regierungschef Benediktsson verkennt, wie sehr sich sein Land verändert.

Von Silke Bigalke

Oberflächlich sieht es so aus, als bliebe in Island alles beim Alten. Der Mann, gegen den Tausende Isländer im April protestiert haben, wird ihr neuer Premier. Am Dienstag stellte Bjarni Benediktsson seine Regierung vor. Er macht auch gleich weiter, wie er vor den Wahlen aufgehört hat, mit Halbwahrheiten und Ausflüchten. Offenbar hat er nicht verstanden, wie viel sich in Island seit April verändert hat.

Anders lässt sich nicht erklären, was in Reykjavik passiert ist, wenige Tage bevor die neue Regierung stand. Es kam heraus, dass der designierte Premier einen Report über isländisches Offshore-Vermögen zurückgehalten hat - einen Bericht über das Thema also, das die Proteste im April ausgelöst hat. Benediktsson kannte diesen Bericht Wochen vor den Wahlen, veröffentlichte ihn aber erst jetzt. Ihm als bisherigem Finanzminister und früherem Anteilseigner einer Offshore-Firma konnte er von der Abstimmung kaum nutzen. Wenn Benediktsson nun behauptet, all das habe keine Rolle gespielt, zeugt das zumindest von Ignoranz.

Die kann sich Benediktsson nicht mehr erlauben. Seine Unabhängigkeitspartei musste sich nach neuen Partnern umsehen. Noch nie hatten so viele Isländer für junge Parteien gestimmt wie im Oktober. Zwei Monate lang musste Benediktsson um eine Koalition ringen. Diese hat er durch sein Spiel um den Offshore-Report gleich wieder aufs Spiel gesetzt.

© SZ vom 11.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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