Iran:Festnahmen bei Unruhen im Iran

Lesezeit: 2 min

Eine Studentin nach einem Tränengas-Angriff auf dem Gelände der Universität in Teheran. (Foto: dpa)
  • Im Iran protestieren seit Donnerstag immer wieder Menschen gegen die steigenden Preise und die Arbeitslosigkeit im Land.
  • Mittlerweile richten sich die Demonstrationen auch konkret gegen das iranische Regime.
  • Zwei Menschen sollen bei den Protesten ums Leben gekommen sein.

Es begann mit Ärger über steigende Preise und Arbeitslosigkeit, ging über in grundsätzlichen Unmut über die politischen Zustände im Land und nun droht die Situation weiter zu eskalieren: Der Iran erlebt derzeit die größten Proteste seit acht Jahren. Regierungsgegner haben den dritten Tag hintereinander demonstriert, Medienberichten zufolge auch in der Hauptstadt Teheran. Am Sonntag sollen bei Zusammenstößen in der Stadt Dorud laut dem stellvertretenden Gouverneur der westiranischen Provinz Lorestan sogar zwei Menschen getötet worden sein. Bisher wurden etwa 200 Menschen festgenommen.

Allerdings gab es am Samstag auch eine Gegenaktion: Mehrere hundert regierungstreue Studenten marschierten in Teheran gegen die Demonstranten auf. Sie riefen "Tod den Aufwieglern!" und verdrängten Regierungskritiker vom Haupteingang der Universität. Die reformorientierte Nachrichtenagentur Ilna zitierte einen Verantwortlichen des Wissenschaftsministeriums, demzufolge es drei Festnahmen gab, zwei Studenten aber wieder freigelassen wurden.

Bis zu 400 Demonstranten befanden sich am späten Samstagnachmittag noch im Universitätsviertel, wie die Nachrichtenagentur Mehr meldete. Straßen in dem Gebiet wurden abgesperrt, es kam zu erheblichen Verkehrsbehinderungen. Die Polizei setzte Tränengas ein. Im Internet fanden sich auch Videos von Protesten aus anderen Orten, etwa Dorud und Schar-e Kord im Westen des Landes. In einem dieser Videos sind zwei junge Männer zu sehen, die blutüberströmt und bewegungslos auf dem Boden liegen. Eine über die Aufnahmen gelegte Stimme sagt, die beiden Iraner seien von Polizisten erschossen worden. Die Echtheit der Aufnahmen konnte allerdings bisher nicht von unabhängiger Seite überprüft werden.

Innenminister Abdolresa Rahmani-Fasil warnte am Samstagmorgen davor, über soziale Medien zur Teilnahme an den Demonstrationen der Regierungskritiker aufzurufen. Die Zusammenkünfte seien illegal. Wer daran teilnehme, schaffe "Probleme für sich und andere". Wenn jemand Kundgebungen plane, solle er eine Genehmigung beantragen.

Die US-Regierung verurteilte Festnahmen von Demonstranten in Maschhad, wo die Protestkundgebungen am Donnerstag begonnen hatten. US-Präsident Donald Trump erklärte auf Twitter: "Die iranische Regierung sollte die Rechte ihres Volkes respektieren, darunter das Recht auf freie Meinungsäußerung. Die Welt schaut hin!"

Ursprünglich richteten sich die Proteste gegen die schlechte Wirtschaftslage, doch zunehmend wurde dabei Kritik an der iranischen Führung laut. So auch am Samstag. In sozialen Medien waren Videos zu sehen, die unter anderem zeigten, wie Demonstranten - offenbar in Anspielung auf den religiösen und politischen Führer Ajatollah Ali Chamenei - "Tod dem Diktator" skandierten. Die Authentizität der Bilder ließ sich nicht überprüfen.

Politische Proteste sind im Iran angesichts der Allgegenwart von Sicherheitskräften selten. Die regierungskritischen Demonstrationen fallen zusammen mit den alljährlichen Kundgebungen zur Erinnerung an das Ende der Unruhen von 2009. Nach Angaben des staatlichen Fernsehens sind solche Kundgebungen in mehr als 1200 Städten und Dörfern angemeldet. 2009 hatte es monatelang Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl des damaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad gegeben.

Das staatliche Fernsehen berichtete am Samstag erstmals über die sozialen Proteste und sprach von "gerechtfertigten Forderungen der Bevölkerung". Zugleich verurteilte es die Medien und "konterrevolutionäre" Gruppen im Ausland, die versuchten, die Demonstrationen zu instrumentalisieren.

Der iranische Präsident Hassan Ruhani war im Juni 2013 mit dem Versprechen gewählt worden, die Aufhebung der vom Westen im Atomstreit erlassenen Finanz- und Handelssanktionen zu erreichen. 2015 gelang dies dem Präsidenten, der auch den Verfall der Währung stoppte und die Inflationsrate senkte. Doch die Wirtschaft erholt sich nur langsam, und die Arbeitslosenrate ist weiterhin hoch.

© Reuters/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Nahost
:Die USA haben im Nahen Osten keine Strategie - und Putin füllt das Vakuum

Wenn Europa deshalb eine unabhängigere Nahostpolitik entwickeln will, ist das eine gute Sache. Doch man sollte sich darüber im Klaren sein, was das bedeutet.

Kommentar von Paul-Anton Krüger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: