Iran:Diplomatische Anreicherung

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Die Europäer versuchen verzweifelt, den Iran-Deal vor der Zerstörungswut Donald Trumps zu retten. Dank eines klugen Schachzugs könnte das jetzt sogar noch gelingen.

Von Stefan Kornelius

Wer von Donald Trump Klarheit und Verlässlichkeit erwartet, der ist verlassen. Das ist hinlänglich bekannt. Interessant ist nun die Frage, ob sich die Impulsivität und Holzschnittartigkeit des Präsidenten vereinbaren lassen mit dem vielleicht komplexesten Rüstungskontrollabkommen, das derzeit existiert.

Der sogenannte Iran-Deal ist zum einen von elementarer Bedeutung, weil er eine gesamte Region von einem Wettlauf um die Bombe abhält. Er stellt zum anderen den letzten Versuch dar, gefährliche regionale und auch globale Spannungen einem Vertrag und damit Regeln zu unterwerfen. Dieser Deal hat deshalb grundsätzliche Bedeutung, weil er im Ringen um die Weltordnung das Prinzip von Vertragstreue und Verlässlichkeit aufrechterhält, was in Zeiten von Trump und Wladimir Putin altmodisch erscheint.

Der Iran-Deal ist ein guter Vertrag, weil er Teheran dauerhaft von der Bombe fernhalten kann. Trump zweifelt das zwar an, aber wenn er sich mit der Materie befassen würde, dann könnte er erkennen, wie Inspektionen und harte Forschungsbedingungen für die zivile Nutzung der Nukleartechnik Iran den sogenannten "Ausbruch" hin zur Atomwaffe nahezu unmöglich machen.

Der Iran-Deal wäre ein schlechter Vertrag, sollte er den Eindruck erwecken, dass damit alles im Reinen ist mit dem Regime in Teheran. Das ist es natürlich nicht. Vor allem die aggressive iranische Politik in der Region - in Syrien, Libanon und Jemen - und das Raketenprogramm auf der Kurzstrecke sind eine Bedrohung.

Trump bläst sich aber stärker auf, als es nötig ist. Er tut so, als würde Iran unter dem Schutzmäntelchen des Vertrags schalten und walten, wie es wolle. Das stimmt nicht. Ganz abgesehen davon, dass er die andere Quelle der regionalen Spannungen ignoriert. Die Gleichungen des Nahen Ostens lassen sich nicht lösen ohne Saudi-Arabien. All dies sind aber Probleme, die sich politisch angehen ließen, ohne dass dafür der Nukleardeal zerstört werden muss. Eine Aufkündigung des Vertrags könnte eine Kettenreaktion auslösen und wäre auch mit Blick auf andere Rüstungskontrollbemühungen (Nordkorea) ein übles Signal.

Die europäischen Vertragspartner haben nun den geradezu verzweifelten Versuch gestartet, die hochkomplizierte Materie mit einem Zusatzabkommen anzureichern. Das Abkommen würde alleine zwischen ihnen und den USA geschlossen als ein Art Deutungsvertrag, der die Sorgen Trumps ausräumen und die neuen Probleme mit Iran angehen soll.

Das ist ein kluger Schachzug, der am Ende aufgehen könnte, weil Trump den neuen Vertrag als Zugeständnis vorweisen kann. Dieses Signal braucht er auch gegenüber seinem Parlament, das Iran zwar unter Druck setzen, aber Europa dabei nicht verlieren will. Der neue Vertrag wäre ein Befriedungswerkzeug, das allerdings weder Iran selbst noch die anderen Signatarstaaten Russland und China mit einschließt. Das braucht es auch nicht, es geht um die interne Vergewisserung, dass die von Trump angezweifelten Vorkehrungen beim Thema "Ausbruchszeit" und Inspektionen hinreichend geregelt sind.

Das klingt technisch, ist technisch - und reduziert sich am Ende auf ein psychologisches Spiel: Wird der Kaiser die neuen Kleider schön finden, obwohl er eigentlich die alten weitertragen soll?

© SZ vom 26.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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