Im Porträt: Peter Sodann:Ewiger Provokateur

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Die Linken schicken "Tatort"-Kommissar Sodann ins Rennen um das Amt des Bundespräsidenten - obwohl der 72-Jährige sich nie nach diesem Posten gesehnt hat.

C. von Bullion

Fürs Heldenfach hat er noch nie getaugt, schon wegen seiner Körpergröße, und für diplomatische Tänzchen auf internationalem Parkett müsste er noch etwas üben.

Wahl des Bundespräsidenten: Peter Sodann soll für die Linkspartei gegen Horst Köhler und Gesine Schwan antreten. (Foto: Foto: ddp)

Peter Sodann liegt auch das Präsidiale nicht sehr, weder auf der Bühne noch im echten Leben. Provoziert dagegen hat er schon immer ganz gern, und wenn er bei der Wahl des Bundespräsidenten nun den ungebetenen Zwischenrufer gibt und ein bisschen stört, dann ist das eine Rolle, die wie gemacht ist für ihn.

Peter Sodann soll für das Amt des Bundespräsidenten kandidieren; am Dienstag wurde er von der Linkspartei gegen Horst Köhler und Gesine Schwan ins Rennen geschickt. Leute, die den 72-Jährigen kennen und mögen, fangen an zu kichern, wenn sie über diesen Vorschlag sprechen, auch weil Sodann nie einer war, der sich danach gesehnt hat, das wiedervereinigte Deutschland zu repräsentieren.

Aber darauf kommt es wohl auch nicht an. Der Schauspieler, den viele noch als "Tatort"-Kommissar Bruno Ehrlicher kennen, will ohnehin nicht für alle stehen, sondern für jene am Rand, die wie er eine politische Heimat suchen.

Gemeint sind vor allem ehemalige DDR-Bürger; das Ossi-Sein ist Peter Sodann zu einer Art Lebensrolle geworden. Als Kommissar Ehrlicher schlurfte er mit abgeschabter Aktentasche durch Leipzig, kämpfte sächselnd und brummelnd gegen das Verbrechen und stemmte sich stur gegen das Tempo der neuen Zeit.

Die Zeit allerdings zog an ihm vorbei. Man hat ihn als Kommissar in Rente geschickt, das soll ihm persönlich schwergefallen sein. Sodann, der sich einen "betenden Kommunisten" nennt, tourte zuletzt noch mit Ex-Minister Norbert Blüm durch Schulen. Manche Kritiken dieses Ost-West-Varietés fielen so negativ aus, dass man Sodanns Wunsch nach einem Neuanfang verstehen kann.

Nun wäre es aber verkehrt, in Sodann nur einen der traurigen Ostalgiker zu sehen, wie man sie zuhauf in der Linkspartei trifft. Der Mann fügt sich nicht nahtlos ins Bild, er steht quer zu vielem in der Politik. Das war schon früher so. Als Sohn eines Kommunisten, der im Krieg gefallen war, wuchs er in einem Witwenhaushalt bei Meißen auf.

In dem Dorf lebt er bis heute, ist der Heimat verbunden, als junger Mann aber hat er gegen ihre Enge aufbegehrt. Er lernte Werkzeugmacher, studierte Theater, und als er sich mit seinem Studentenkabarett über den Mauerbau mokierte, landete er für neun Monate im Gefängnis. Später stellte sich heraus, dass 80 Stasi-Spitzel ihn belauerten. Das hielt ihn nicht davon ab, einem von ihnen die Totenrede zu halten.

Es ist nicht ganz klar, wann sich im Leben des Peter Sodann dieses Gefühl eingeschlichen hat, fremd im eigenen Land zu sein. Nach der Wende führte er noch mit viel Engagement ein Theater in Halle, das er aufgebaut hatte. Als seine Inszenierungen nicht mehr als modern galten, wurde man ihn los. Sodann traf das hart.

Er forderte keine Auseinandersetzung mit der DDR, sondern Milde beim Blick zurück, er näherte sich der Linken, wollte in den Bundestag, zuckte dann aber zurück. Diesmal wird das nicht nötig sein. Peter Sodann hat keine Chance, gewählt zu werden. Er wird das vermutlich auch nicht bedauern.

© SZ vom 15.10.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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