Historische Abstimmung:Malteser wollen sich scheiden lassen

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Die letzte Bastion fällt. Malta war das letzte EU-Land, in dem sich Verheiratete nicht legal trennen durften, nun soll sich das ändern: Die Einwohner stimmten für eine Revolution des Eherechts - gegen den Willen des Premiers.

Auf Malta sollen nach dem Willen der Mehrheit der Bürger Scheidungen möglich sein. Dies sei das Ergebnis des am Samstag zu der Frage abgehaltenen Referendums, teilte der Regierungschef der Mittelmeerinsel, Lawrence Gonzi, am Sonntag in Valletta mit.

Die Wähler haben gesprochen: Auch die Maltesen wünschen sich das Recht auf Scheidung. (Foto: AFP)

"Das ist nicht das Ergebnis, das ich mir gewünscht hätte", fügte Gonzi hinzu, der im Vorfeld des Referendums für ein "Nein" geworben hatte. "Aber der Wille der Bevölkerung muss respektiert werden." Das Parlament werde jetzt ein Gesetz zur Einführung von Scheidungen erarbeiten und dann darüber abstimmen.

Die Entscheidung auf der streng katholischen Mittelmeerinsel fiel allerdings denkbar knapp aus: 52 Prozent der Wähler stimmten der Malta Today zufolge für die Einführung von Scheidungen.

Bislang sind Scheidungen auf Malta verboten. Das kleine Land ist damit die letzte Bastion in der Europäischen Union, die ihren Bürgern einen legalen Weg aus der Ehe verwehrt. Malta ist neben den Philippinen weltweit das einzige Land, das die Ehescheidung bisher noch verbietet. In einer erbitterten Kampagne hatten sich vor allem Vertreter der Kirche vehement gegen ein maltesisches Scheidungsrecht gestemmt.

Bislang können scheidungswillige Malteser sich nur über den Weg über das Ausland offiziell wieder trennen - falls einer der Ehepartner seinen Wohnsitz im Ausland hat oder eine fremde Staatsbürgerschaft besitzt.

Nach dem langen Schlagabtausch zwischen der katholischen Kirche und Befürwortern eines Scheidungsrechts hatten am Samstag 72 Prozent der Wahlberechtigten des 400.000-Einwohner-Staates abgestimmt.

Nach dem vorliegenden Referendumsvorschlag soll eine Scheidung nun künftig möglich sein, wenn die beiden Ex-Partner vier Jahre getrennt gelebt haben und keine Aussicht auf Versöhnung besteht. Die Abstimmung hat allerdings keine bindende Wirkung: Das Parlament muss die Frage nochmals debattieren und dann eine Entscheidung fällen.

In Malta ist der Katholizismus Staatsreligion. Papst Benedikt XVI. hatte die Malteser bei seinem Besuch im vergangenen Jahr für ihre strikt konservative Haltung gelobt. Das Referendum kam dann trotz des Widerstands der Bischöfe und des Regierungschefs Gonzi zustande. Viele Malteser sehen darin mehr als die Scheidungsfrage - es geht auch darum, welche Rolle und welchen Einfluss die Kirche in der Gesellschaft haben soll. 98 Prozent der Malteser sind katholisch.

Auch in anderen katholisch geprägten Ländern waren Scheidungen lange nicht möglich. Zuletzt wurden Scheidungen 1995 in Irland eingeführt - ebenfalls per Referendum und ebenfalls mit einem sehr knappen Ergebnis der Befürworter.

© sueddeutsche.de/AFP/dpa/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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