Hilfe für Oppositionelle in Syrien:Warum Syrien komplizierter ist als Libyen

Die syrischen Truppen gehen mit aller Brutalität gegen Regimegegner vor. Der moralische Druck, die Oppositionellen zu unterstützten, wächst mit jedem Tag. Doch die Risiken einer Einmischung von außen sind gewaltig. Anders als in Libyen wird sich Assads Regime nicht durch kurzes militärisches Eingreifen bezwingen lassen.

Tomas Avenarius

Der Druck, der syrischen Opposition zu helfen, steigt angesichts der Massaker des Assad-Regimes mit jedem Tag. US-Abgeordnete fordern nun, den Regimegegnern Waffen zu liefern. Sogar der Ruf nach einem militärischen Eingreifen taucht auf; ein Flugverbot über dem Land oder eine Sicherheitszone entlang der türkischen Grenze sind im Gespräch.

Aber in Syrien liegt der Fall anders als in Libyen, wo das Gaddafi-Regime nach ein paar Monaten der Bombardements den Todesstoß erfuhr. Syrien ist komplizierter, die Voraussetzungen für Hilfe von außen sind ungünstig. Die Aufständischen kontrollieren kein geschlossenes Gebiet wie seinerzeit die Bengasi-Rebellen - Syriens Regimegegner sind über mehrere Städte verteilt.

Im Gegensatz zu Gaddafis bescheidenen Streitkräften ist Assads Armee sehr groß; sie ist trotz der steigenden Zahl Fahnenflüchtiger bisher nicht zerfallen. Syrien mit seinen Bergen und Städten bietet Truppen zudem mehr Schutz vor Luftangriffen als die libysche Wüste.

Bei jedem Eingreifen von außen - ob mit Waffenlieferungen oder durch Intervention - wird sich ein Teil der Syrer um den angezählten Assad scharren. Zunächst diejenigen, die ohnehin nichts zu verlieren haben. Dazu ein Teil derer, die sich bisher weder für noch gegen Assad entschieden haben und immer noch eine schweigende Mehrheit bilden. Schließlich Teile der Armee, die nicht desertieren wollen.

Angesichts dieser Risiken lohnt es, auf Diplomatie zu setzen, bevor das Land in den Bürgerkrieg getrieben wird. Wer mit Recht auf das moralische Dilemma der Staatengemeinschaft im Falle Syriens verweist, muss auch die Risiken jeder Einmischung von außen nennen: Sie sind gewaltig.

© SZ vom 09.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: