Herxheim:Nach Streit um "Nazi-Glocke": Bürgermeister tritt zurück

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Im Glockenturm der Herxheimer Kirche St. Jakob hängt seit 1934 eine Bronzeglocke mit Hakenkreuz und dem Spruch "Alles fuer's Vaterland - Adolf Hitler". (Foto: dpa)
  • Eine Kirchenglocke im rheinland-pfälzischen Herxheim trägt eine Inschrift und ein Hakenkreuz aus der NS-Zeit.
  • Seit Monaten debattiert der Ort über den Umgang mit dem historischen Stück von 1934.
  • Nach umstrittenen Aussagen zur NS-Zeit tritt Bürgermeister Becker zurück.

Es ist nur eine Glocke, aber sie wurde Ronald Becker zum Verhängnis. Die Glocke im Kirchturm der rheinland-pfälzischen 700-Einwohner-Gemeinde Herxheim erregte internationales Aufsehen wegen ihrer Verzierung: Über einem großen Hakenkreuz prangt unübersehbar der Spruch "Alles fuer's Vaterland", und darunter der Name Adolf Hitlers.

Seit Monaten debattiert der Ort über den Umgang mit dem historischen Stück von 1934. Politische Konsequenzen gibt es nun auf alle Fälle für Bürgermeister Becker: Er tritt zurück. Grund ist nicht die Glocke an sich, sondern seine umstrittenen Aussagen in der ARD. In einem Interview mit dem Fernsehsender sagte Becker, Mitglied der Freien Wähler, man sei stolz, eine Glocke mit dieser Inschrift zu haben. Mit dem Namen Hitlers würden "immer gleich die Judenverfolgung und die Kriegszeiten" verbunden. "Wenn man über solche Sachen berichtet, soll man umfangreich berichten", verlangte Becker - und präzisierte: "Dass man sagt, das waren die Gräueltaten und das waren auch Sachen, die er in die Wege geleitet hat und die wir heute noch benutzen."

Für seine Aussagen gab es heftige Kritik, ein Parteiausschlussverfahren stand im Raum. Falls er durch die verkürzte Wiedergabe des Interviews und die aus dem Kontext gerissenen Sätze den Eindruck erweckt habe, dass er die NS-Zeit verherrliche, so wolle er sich davon "aufs Äußerste distanzieren", sagt Becker nun nach seinem Rücktritt.

Infotafel für die Glocke

Und wie geht es mit der Glocke weiter? Entfernt oder verändert werden soll sie nicht, da sie denkmalgeschützt ist. Drei Glocken dieser Art soll es bundesweit geben. Auf Initiative der Kirchengemeinde hat die Ortsgemeinde kürzlich bei einer Sachverständigen ein Gutachten in Auftrag gegeben, das alle gesetzlichen und denkmalschützenden Anforderungen berücksichtigt. Auf dessen Grundlage will der Gemeinderat gemeinsam mit der Kirchengemeinde nun beraten, ob eine Infotafel zur Glocke angebracht wird. Ein einheitliches Vorgehen in solchen Fällen gibt es in Deutschland nicht.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat inzwischen gefordert, die Glocke aus dem Kirchturm zu entfernen und einem Museum zu übergeben. Die NPD hat daraufhin eine Demonstration für den Erhalt der Glocke angekündigt. Es werde mit etwa zehn Teilnehmern gerechnet, so eine Sprecherin der Kreisverwaltung.

Außerdem ist gegen den Bürgermeister Strafanzeige erstattet worden. Das Läuten der "Hitler-Glocke", die der weltlichen Gemeinde gehört, sei Volksverhetzung, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Frankenthal, Hubert Ströber. Zudem werde der Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erhoben. Die Staatsanwaltschaft prüfe das.

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