Handel:Freibrief für Donald Trump

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Beim Freihandel bewirkt der US-Präsident einen Rückschritt: Die G 20 erkennen die "Rolle legitimer Verteidigungsinstrumente im Handel" an, heißt es in einer Vereinbarung.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Nirgends ist die neue Unordnung in der Weltwirtschaft so anschaulich zu besichtigen wie beim Handel. Der Text in Absichtserklärungen wie Gipfeldokumenten hat sich geändert, und auch Ton und Umgang der Handelspartner untereinander.

Auf dem G-20-Treffen in Hamburg vereinbaren die Staatenlenker, Protektionismus zu bekämpfen, sie erkennen aber zugleich "die Rolle rechtmäßiger Handelsschutzinstrumente" an. Es liest sich wie ein Freibrief für die "America first"-Politik von US-Präsident Donald Trump.

Vor einem Jahr, als Barack Obama noch US-Präsident war, hatten sich die G 20 dagegen bedingungslos den Prinzipien des freien Handels verschrieben. "Wir werden verstärkt am Aufbau einer offenen Weltwirtschaft arbeiten, Protektionismus eine Absage erteilen sowie Welthandel fördern, auch durch die weitere Stärkung des multilateralen Handelssystems", ist in der Abschlusserklärung des Gipfels nachzulesen, der Anfang September 2016 im chinesischen Hangzhou stattfand.

Nicht nur der Text hat sich geändert, auch das praktische Miteinander. Anders als in Hamburg, wo es den G 20 nicht gelingt, die USA zum bedingungslosen Bekenntnis zu bewegen, ging es vor Jahresfrist darum, einen anderen Abweichler, nämlich China, auf die Regeln des Freihandels einzuschwören - unter anderem bei der Produktion von Stahl. Schon damals hatten Amerika und Europa Peking vorgeworfen, mit staatlichen Subventionen die Stahlpreise künstlich zu drücken und den Weltmarkt mit Stahl zu überschwemmen. Die Chinesen ließen sich darauf ein, die Vorwürfe durch ein bei der Organisation der Industriestaaten OECD angedocktes Forum untersuchen zu lassen. Was offenbar weitgehend unterblieb und damit den Streit um Dumpingpreise beförderte.

US-Präsident Trump geht jetzt so weit, die Stahlimporte zur nationalen Sicherheitsfrage zu erklären. Im Juni lieferte US-Handelsminister Wilbur Ross ein Dossier über Sanktionen gegen Stahlimporteure. Wie aus vertraulichen Dokumenten hervorgeht, erwägen die USA Strafzölle in Höhe bis zu 25 Prozent auf alle Stahlimporte außer aus Mexiko und Kanada, also auch gegen Deutschland. Die größten protektionistischen Strafmaßnahmen seit Amtsantritt sollten Anfang Juli verkündet werden. Trump ließ sich dazu bewegen, dies nicht auf dem G-20-Gipfel zu tun. Kanzlerin Angela Merkel sagte, man habe sich in Hamburg geeinigt, dass das Forum bei der OECD bis November einen substanziellen Bericht vorlegen solle, "der auch konkrete politische Lösungen für diese Überkapazitäten im Stahl anbietet". Sie hoffe, dass es gelinge, "eine der großen strittigen Fragen auch gemeinsam" zu lösen."

© SZ vom 10.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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