Hamburg:Ohne Schnörkel und ohne Risiko

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Olaf Scholz lässt gerne alles so, wie es immer gewesen ist. Das schätzen die Hamburger. Auch deshalb wird der Sozialdemokrat Bürgermeister bleiben.

Von Thomas Hahn

In Hamburg findet die erste Wahl des neuen Jahres statt. Am 15. Februar bekommt das Parlament des Stadtstaats ein neues Gesicht. Und man weiß gar nicht so genau, ob man diesem Ereignis mit Spannung oder Langeweile entgegenblicken soll. SPD-Bürgermeister Olaf Scholz erzielt in den Umfragen hohe Werte; er wird wohl bleiben, was er ist. Andererseits hat Scholz durchaus etwas zu verlieren. Die absolute SPD-Mehrheit nämlich, die seinem klaren, auf wenig Widerspruch angelegten Regierungsstil entgegenkommt. Und so deutlich, wie man in der Opposition die eher hierarchische Scholz-Welt immer wieder kritisiert, könnte die Partnersuche schwierig werden.

Vielleicht ist das ja eine Chance für die FDP, die diese Bürgerschaftswahlen in der Hansestadt ganz bestimmt nicht langweilig finden wird. Die Umfragen verheißen nichts Gutes, die Fünf-Prozent-Hürde ist eine Herausforderung für die Hamburger Liberalen. Dabei braucht die kriselnde FDP endlich mal wieder einen Erfolg, um ihr aktuelles Absteiger-Image zu korrigieren. Die junge Partei- und Fraktionsvorsitzende Katja Suding trägt auch die Hoffnungen der Bundespartei.

Scholz lässt gerne alles so, wie es immer gewesen ist

Dass wiederum die schwächelnde FDP als Koalitionskandidat durchgeht, falls sie doch noch aus ihrem Umfragetief robbt, sagt auch einiges über die Scholz-Linie. Die Hamburger SPD ist traditionell wirtschaftsfreundlich, und Olaf Scholz ist es auch, mit ruhiger Hand. Bei ihm kann man in mancher Hinsicht die Frage diskutieren, wie sozialdemokratisch die Sozialdemokratie überhaupt noch ist in diesen Zeiten, in der sich fast jeder damit arrangiert hat, dass die Wirtschaft den Takt unseres Lebens bestimmt. Bei seinen Umfrageergebnissen kann Scholz Grundsatzdebatten über seinen Politikstil gelassen entgegensehen. Außerdem stimmt die Kasse. Deutlich mehr als 100 Millionen Euro Überschuss hat Hamburg laut Hamburger Abendblatt 2014 erzielt. Rekord.

Aber sagen Zahlen wirklich alles? Parteien scheinen wie Fußballmannschaften zu funktionieren: Wer gewinnt, hat recht. Demnach hat Olaf Scholz recht. Er regiert ohne Schnörkel und große Risiken. Er hat nichts versprochen, von dem er nicht wusste, er würde es einhalten können. Gleichzeitig hat er mit großer Entschlossenheit sichergestellt, dass jährlich 6000 neue Wohnungen da sind, wenn vorher 6000 neue Wohnungen im Wahlprogramm standen. Und auf Unzufriedenheiten, die zum Beispiel die Hamburger Kitas zu Protestaktionen veranlassten, hat Scholz mit ein paar schnellen Nachbesserungen reagiert.

Immerhin, eine solide Regierungspolitik ist besser als ein Chaos, das erst recht keine Nachhaltigkeit schafft. Aber es fällt schon auf, wie Scholz zu seinem Erfolg kommt. Er fängt einfach nicht an, auf Hamburg irgendwelche kühnen Zukunftsvisionen anzuwenden, etwa zur Verkehrswende. Hamburger lassen in ihrer schönen Stadt ganz gerne alles so, wie es ist. Darauf nimmt Scholz im Großen und Ganzen Rücksicht. Ob das eine Stadt wirklich weiterbringt, ist allerdings eine andere Frage.

© SZ vom 02.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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