Hamburg:Maximaler Aufwand, minimale Chance

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Die Hansestadt möchte also im Jahr 2024 die Olympischen Sommerspiele ausrichten, zum ersten Mal überhaupt. Womöglich hat sie vor lauter Begeisterung über sich selbst ihren größten Konkurrenten übersehen: Deutschland.

Von Peter Burghardt

Natürlich ist Hamburg eine zauberhafte Stadt und Olympia eine theoretisch gute Idee. Warum sollten sich beide nicht zusammentun? Berlin hat keine Lust, also schickt Deutschland seine Metropole im Norden als Kandidat für die Sommerspiele 2024 ins Rennen. Dessen Senat und Wirtschaft träumen von Millionen Gästen und Milliarden Fernsehzuschauern. Welche bessere Werbung könnte es geben? Welche bessere Begründung für einen Großumbau der Stadt? Erstmals hilft sogar der Bund als Gesellschafter mit 30 Millionen Euro bei der Bewerbung. Dies sei eine nationale Aufgabe, findet Innenminister Thomas de Maizière. Aber macht der Anlauf wirklich Sinn?

Darüber soll am 29. November in einem Referendum zunächst das Volk befinden, erst im September 2017 entscheidet dann in Lima das Internationale Olympische Komitee (IOC). Doch es gibt jetzt schon Gründe, an den Hamburger Aussichten zu zweifeln. Einerseits wäre Deutschland mal wieder an der Reihe, München 1972 liegt ja schon 43 Jahre zurück. Unterdessen wird das IOC sogar von einem Deutschen geführt, Thomas Bach. Sein Vorvorgänger, der Katalane Juan Antonio Samaranch, lotste Olympia 1992 nach Barcelona. Anderseits heißen Hamburgs Gegner Paris, Rom, Budapest und Boston. Und die sind nur das kleinere Problem.

Frankreichs Zentrale hat außer Ruhm, Einfluss und Geld das Argument parat, 100 Jahre nach Paris 1924 ein Jubiläum feiern zu wollen. Überzeugen die Franzosen die Herren der Ringe, dann hätten Alster und Elbe auch für 2028 keine Chance, weil Olympia nicht zweimal hintereinander in Europa Station macht. Vor allem aber deutet vieles darauf hin, dass die Fußball-EM 2024 in Deutschland stattfinden wird. Zwei der weltgrößten Sportereignisse binnen weniger Wochen in einem Land? Das wird den Funktionären schwer zu verkaufen sein, auch wenn das IOC und der europäische Fußballverband Uefa verschiedene Gremien sind. Jedenfalls darf man sich fragen, ob sich der Aufwand angesichts der eher schlechten Chancen lohnt.

Olympia an der Elbe? Es gibt da einen Konkurrenten: Deutschland

Das Konzept von Olympia am Wasser, nahe Hafencity und Speicherstadt, klingt wunderbar, das schon. Nachhaltig, ökologisch, zentral, hanseatisch. Ein Gegenentwurf zur Gigantomanie à la Peking. Nur: Bescheidene Spiele gibt es nicht, solange 28 Sportarten und 300 Entscheidungen auf dem Programm stehen, plus die ebenfalls umfangreichen Paralympics. Die Kosten sind gewaltig, Hamburg müsste für Wettkampfstätten und Logistik ganze Gebiete umkrempeln. Das gilt nicht nur für die Elbinsel Kleiner Grasbrook, deren Eignung zum Olympiazentrum ohnehin unklar ist. Derzeit hat die Stadt genügend Mühe, Flüchtlinge unterzubringen. Außerdem sind die Mieten in manchen Vierteln kaum mehr zu bezahlen. Eine sinnvolle Stadtentwicklung funktioniert auch ohne Olympia. Im Spätherbst stimmen die Hamburger darüber ab, ob ihnen ein Experiment mit solch ungewissem Ausgang den Einsatz wert ist. Münchner und Garmischer haben 2013 Nein gesagt.

© SZ vom 08.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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