Grüne:Wo bleibt die Courage?

Mit einem Zehn-Punkte-Papier will die Partei zeigen, wo sie steht. Zu beobachten ist ein Prozess der Selbstfindung.

Von Constanze von Bullion

Zehn Punkte haben die Grünen jetzt vorgestellt, darüber der Titel: "Wo wir Verantwortung übernehmen wollen." Wie herrlich wäre es doch, wenn die Grünen regieren dürften, ist da sozusagen das Motto. Was folgt, sind zehn Punkte, die vom Klimaschutz über die schöne neue Welt der Elektromobilität zum vereinigten Europa reichen. Etwas weiter unten in der Hackordnung der Anliegen kommen Kinder, berufstätige Frauen und Homosexuelle, bevor in einem lauten Finale furioso, Punkt neun, die Sicherheit angegeigt wird.

Frauen könnten sich in der Öffentlichkeit "nicht überall und immer sicher fühlen", steht da zu lesen, und dass viele Menschen sich "zu Recht" vor Einbrüchen fürchten. Na, so was. Ängste sollte man ernst nehmen, gewiss, und die Polizei ist nicht böse. Aber manchmal klingen die Grünen jetzt wie ihre eigenen Eltern, von deren Biederkeit sie sich einst mit Grausen abgewandt haben. Man wüsste auch gern, wieso das Papier Abschiebungen in Krisengebiete ablehnt, wo Baden-Württembergs grüne Regenten doch zum Gegenteil bereit sind.

Ach, Grüne, Selbstfindung ist halt schwer - vor allem wenn man es allen nur denkbaren Partnern der Zukunft recht machen möchte. Ein bisschen mehr Querköpfigkeit könnte da nicht schaden und ein Stück von dem, was die Grünen einst ausgezeichnet hat: die Courage, dem Zeitgeist auch mal zu widersprechen.

© SZ vom 01.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: