Grüne:Kretschmann und Trittin verhandeln

Lesezeit: 1 min

Die Grünen stellen 14 Personen für die Sondierungsgespräche. Kretschmann sprach sich dagegen aus, vorher Knackpunkte zu formulieren. Die Frage der Obergrenze müsse Merkel unionsintern klären.

Winfried Kretschmann, 69, hat einiges mitgemacht in der Politik, aber seit Sonntag fühlt er sich um eine Erfahrung reicher. Wie der SPD-Vorsitzende Martin Schulz seine Partei noch am Wahlabend in die Opposition führte und vorauseilend die einzige verbleibende Koalitions-Option, Jamaika, attackierte, fand der Grüne "höchst irritierend". So etwas, sagte er am Dienstag, habe er noch nie erlebt. Gleichwohl spielt ihm Schulz auch in die Hände. Kretschmann hält es für einen historischen Fehler, dass seine Partei 2013 nicht mit der Union koalierte. Nun sind die Grünen gezwungen, mit Union und FDP zumindest unvoreingenommen das Terrain zu sondieren. "Neuwahlen", sagt Kretschmann, "will doch wohl ernsthaft niemand ins Kalkül ziehen."

Der baden-württembergische Ministerpräsident wurde von den Spitzenkandidaten Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt in eine 14-köpfige Sondierungsgruppe berufen. Dem Gremium sollen ferner angehören: Fraktionschef Anton Hofreiter, Parteichefin Simone Peter, der schleswig-holsteinische Minister Robert Habeck, Parlaments-Geschäftsführerin Britta Haßelmann, die ehemaligen Parteivorsitzenden Claudia Roth und Reinhard Bütikofer, Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sowie die Bundestagsabgeordneten Annalena Baerbock, Agnieszka Brugger, Katja Dörner und Jürgen Trittin. Der Länderrat, ein kleiner Parteitag, soll am Samstag darüber befinden. Katrin Göring-Eckardt sprach am Dienstag von einem "starken Team, das die Breite unserer Partei abdeckt und neben Fachexpertise auch alle Generationen berücksichtigt".

Trittin hat seine Partei aufgerufen, sich in einem möglichen Jamaika-Bündnis um die soziale Gerechtigkeit zu kümmern. "In einer solchen Konstellation müssen die Grünen linker werden", sagte er dem RBB-Sender Radio Eins am Dienstag. Es müsse sich jemand um das "Stück soziale Gerechtigkeit" kümmern, das die SPD liegen gelassen habe, "nachdem sie sich in den Schmollwinkel zurückgezogen hat".

Kretschmann sprach sich am Dienstag dagegen aus, vor den Verhandlungen "Knackpunkte" zu formulieren, womit er den CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer meinte. Dessen Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge müsse Kanzlerin Merkel unionsintern klären. Kretschmann sieht bei den Grünen eine besondere Rolle für Robert Habeck, der in Kiel eine Jamaika-Koalition geschlossen hat. Er selbst will seine Erfahrung als Chef einer grün-schwarzen Regierung einbringen. Auch sein Regierungspartner Thomas Strobl, der CDU-Landesvorsitzende, hat angekündigt, er wolle zum Gelingen der Jamaika-Gespräche seinen Beitrag leisten. Die Südwest-CDU kam am Sonntag nur auf 34,4 Prozent, ein Minus von elf Punkten. Kretschmanns Grüne dagegen steigerten sich auf 13,5 Prozent, das beste Bundestags-Ergebnis ihrer Geschichte.

© SZ vom 27.09.2017 / JOK, AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: