Grüne:Abgehakt

Die Partei steht vor der Wahl schlecht da. Sie tut wenig, damit das besser wird.

Von Kurt Kister

Erinnert sich noch jemand an Rot-Grün, das Projekt, die Ära Schröder-Fischer, die Rache der 68er an sich selbst? Genau, das war jene Zeit, in der Regieren Spaß machte, schon allein, weil es chaotisch war - nicht immer, aber manchmal dafür sehr. Unter Angela Merkel ist vieles kauderisiert und manches dobrindtisiert worden; es regiert die effiziente Langeweile. Unter Schröder dagegen war das noch anders, da war wenig langweilig, aber auch nicht so viel effizient. Zu Letzterem trugen auch die Grünen bei.

Dass gerade die Grünen in dieser Hinsicht nicht so viel verlernt haben, zeigt ihr jüngster Streit. Die Spitzenkandidatin Göring-Eckardt sagt, Jürgen Trittin werde nicht an Koalitionsverhandlungen teilnehmen. Die Parteichefin Peter widerspricht sogleich, weil Trittin "eine relevante politische Größe" sei.

Das ist großartig. Die Grünen liegen in den Umfragen hinter AfD und Linkspartei, sogar die FDP schneidet besser ab. Zu den großen politischen Themen dieser Monate gehören urgrüne Dinge wie Feinstaub, Menschenrechte, Verkehrspolitik, Zersiedelung und anderes mehr. Den Grünen aber gelingt es nicht, diese Themen glaubwürdig zu vertreten oder gar zu besetzen. Sie dümpeln dahin, während sich ihre Spitzenleute über Trittins Rolle in Verhandlungen beharken, die wahrscheinlich nie stattfinden werden. Es wirkt fast so, als hätten Teile der Partei den Wahlkampf schon vier Wochen vor dessen Ende abgehakt.

© SZ vom 26.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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