Grubenunglück in der Türkei:Schwager des Soma-Managers soll Bergwerk inspiziert haben

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Grubenunglück in der Türkei: Demonstranten in der türkischen Stadt Soma (Foto: AP)

Die Inspektion hätte Wochen dauern müssen, doch in Soma waren die Kontrolleure gerade mal vier Tage. Einem Medienbericht zufolge soll der Schwager eines Managers für die Kontrolle der späteren Unglücksgrube verantwortlich gewesen sein. Die Anwaltskammer fordert Ermittlungen.

Die Unglücksgrube im westtürkischen Soma ist einem Zeitungsbericht zufolge bei einer Inspektion einige Wochen vor der Katastrophe von einem engen Verwandten eines Managers des Bergbauunternehmens für sicher erklärt worden. Der Schwager eines leitenden Managers der Firma habe als Chef eines staatlichen Inspektorenteams die Überprüfung des Bergwerks im März geleitet, berichtete die Zeitung Hürriyet. Bei dem Unglück am 13. Mai waren 301 Bergleute ums Leben gekommen.

Der Hürriyet zufolge kritisieren Experten nicht nur die "unethische" Mitwirkung eines Verwandten des Managers an der Inspektion, sondern auch einen offenkundigen Mangel an Gründlichkeit. So habe die Kontrolle im März nur vier Tage gedauert. Doch bei einer Grube von der Größe des Kohlebergwerks in Soma könne allein die Überprüfung der elektrischen Leitungen unter Tage mehrere Wochen dauern. Die staatlichen Inspektoren hatten der Firma im März bescheinigt, es gebe in der Grube keine Mängel. Hürriyet zufolge fordert die für das Gebiet Soma zuständige Anwaltskammer inzwischen staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen die Kontrolleure.

Kritik an deutschen Medien

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan hatte die Berichterstattung in Deutschland über das Grubenunglück von Soma zuletzt scharf kritisiert. Bei seinem umstrittenen Auftritt am Samstag in Köln sagte er, ein Teil der deutschen Medien habe versucht, die Katastrophe für sich auszuschlachten und ihn beleidigt. Seine Gegner in der Türkei bezeichnete Erdogan als "illegale Gruppen", "Provokateure" und "Terroristen". Er verbat sich jede Kritik an seinem Umgang mit dem Bergwerksunglück von Soma, da alles Nötige getan worden sei.

Mit Aussagen, Grubenunglücke seien nicht zu vermeiden, hatte Erdoğan wütende Massenproteste hervorgerufen, bei denen auch Menschen starben. Ebenfalls für Aufregung hatte gesorgt, dass ein Berater des Ministerpräsidenten vor laufenden Kameras auf einen Demonstranten eingetreten hatte. Nach dem Unglück hatte die Regierung dem Zechenbetreiber zunächst öffentlich bescheinigt, alle Sicherheitsauflagen eingehalten zu haben. Später leitete die türkische Justiz jedoch Ermittlungen ein und nahm viele Verdächtige fest.

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