Große Koalition:Tag der vier Papiere

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Am Donnerstag kommen die Fraktionsvorstände von Union und SPD zu einer gemeinsamen Klausur zusammen. Sie haben nur wenig Zeit, aber viel zu besprechen.

Von Robert Roßmann, Berlin

Zumindest bei der Wahl der Tagungsorte zeigt die große Koalition Grandezza. Für ihre erste Klausur vor einem Jahr suchten sich die Fraktionsspitzen von Union und SPD den Petersberg aus. Hoch oben über dem Rhein wollten sie sich im ehemaligen Gästehaus der Bundesregierung näherkommen. An diesem Donnerstag treffen sie sich zu ihrer zweiten gemeinsamen Klausur. Und diesmal tagen sie in der Aula der Göttinger Georg-August-Universität, einem Repräsentationsbau im klassizistischen Stil mit Königswand und dorischen Säulen.

Die Koalition will in Göttingen über die Arbeit der kommenden Monate beraten - und zeigen, dass sie doch noch ein paar Vorhaben auf der Agenda hat. In der ehrwürdigen Aula kommen deshalb die beiden geschäftsführenden Fraktionsvorstände zusammen. Dazu gehören die Vorsitzenden, ihre Stellvertreter, die parlamentarischen Geschäftsführer und die Justiziare. Angeführt von Volker Kauder (CDU), Thomas Oppermann (SPD) und Gerda Hasselfeldt (CSU) reisen also gut 40 Koalitionspolitiker nach Göttingen. Außerdem haben Union und SPD drei Gäste eingeladen: Reimund Neugebauer, den Präsidenten der Fraunhofer-Gesellschaft, Stefan W. Hell, Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, und Martin Winterkorn, den VW-Vorstandsvorsitzenden. Wegen der Querelen im Volkswagen-Konzern dürfte Winterkorn besonders viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Die Koalitionsspitzen wollen auf der Klausur vier Papiere beschließen. Sie tragen die Titel "Innovation antreiben, Technologietransfer beschleunigen", "Wirtschaft begründet Wohlstand", "Kriminalität effektiv bekämpfen" sowie "Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung".

Die Papiere sind zwar vorbesprochen, müssen von den Fraktionsvorständen aber noch diskutiert und endgültig beschlossen werden. Sie sollen erst dann veröffentlicht werden. Die Flüchtlingspolitik steht trotz der drängenden Probleme bisher nicht auf der Agenda von Göttingen. Das Kriminalitätspapier der Koalitionäre befasst sich ausführlich mit der steigenden Zahl von Wohnungseinbrüchen. Union und SPD wollen unter anderem die KfW-Programme aufstocken, mit denen bereits jetzt Maßnahmen zum besseren Schutz vor Einbrüchen mit Zuschüssen und zinsgünstigen Krediten gefördert werden. Außerdem wollen sie die steuerliche Absetzbarkeit von Investitionen in Sicherheitstechnik "prüfen". Dazu gehören etwa besondere Türen, Schlösser und Fenster. Die Union hat zuletzt auch eine Verschärfung des Strafrechts verlangt. Ihrer Ansicht nach sollte ein bandenmäßig begangener Einbruch künftig generell mit einer Mindeststrafe von sechs Monaten geahndet werden. Zudem wollen CDU und CSU die Befugnisse der Polizei ausweiten und eine Telefonüberwachung auch beim Wohnungseinbruchsdiebstahl zulassen. Viel Zeit haben die Koalitionäre nicht, um in Göttingen über die Papiere zu beraten. Die Klausur sollte ursprünglich zwei Tage dauern. Damit die Fraktionsvorsitzenden an der Trauerfeier für die Opfer des Germanwings-Absturzes am Freitag in Köln teilnehmen können, wurde die Klausur auf einen Tag verkürzt. Aber der Koalitionsausschuss mit den Parteivorsitzenden tagt ja bereits am 23. April das nächste Mal.

© SZ vom 15.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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