Großbritannien:Manche sind gleicher

Um ihr eigenes politisches Überleben zu sichern, nimmt Premierministerin May einen brutalen Brexit in Kauf.

Von Stefan Kornelius

Theresa May hat en passant ein neues Kapitel in der traurigen Brexit-Saga geöffnet. Die Überschrift: Schuldzuweisung. Der Anlass erscheint zweitrangig, aber er wird weitreichende Folgen haben. May will von März 2019 an eine Übergangsphase von zwei Jahren, in der Feinheiten ausgehandelt werden. In dieser Phase soll sich nichts ändern an den Rechten und Pflichten der Briten. So weit, so bekannt. Nur eine Ausnahme soll es nun geben: EU-Bürger, die in dieser Zeit auf die Insel ziehen, sollen nicht mehr die gleichen Rechte genießen, die bisher galten.

Geht die EU auf diese Forderung ein, setzt sie das zentrale Prinzip ihres Clubs außer Kraft: Wer drin ist in der EU, der muss sich an die Regeln halten. Umgekehrt gesagt: Würde den Briten diese erste Ausnahme von den Grundfreiheiten in der EU zugestanden, gäbe es kein Argument mehr, warum sie nicht später auch noch andere Sonderregeln, etwa für den Finanzmarkt, einfordern sollten. Der Damm wäre gebrochen, die EU der Rosinenpicker gegründet.

Es geht der Premierministerin nicht mehr um einen geordneten Austritt. Es geht ihr um die harte Kante. Die muss sie zeigen, um den Krawallbrüdern zu Hause den Schneid abzukaufen, die sie mal wieder aus dem Amt jagen wollen. Man könnte also sagen: Aus Angst vor ihrem eigenen Tod nimmt May dem Land das Leben. Bleibt sie bei ihrer Idee, kommt der Brexit schneller und brutaler als erwartet. Der Exodus der Konzerne aus Großbritannien kann beginnen.

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