Gleichberechtigung:Frauen brauchen Frauen

Lesezeit: 2 min

Das Forum mit Ivanka Trump, Angela Merkel und IWF-Chefin Christine Lagarde hat gezeigt: Frauen müssen und können selbst darüber entscheiden, ob sie genau so mächtig werden wie Männer. Und die Frauen, die schon erfolgreich sind, werden als Pioniere gebraucht.

Von Cerstin Gammelin

Natürlich hilft es Ivanka Trump, wenn sie auf einem internationalen Podium sitzt und dort sozusagen die weiche Seite ihres Vaters verkörpert. Natürlich nutzt es auch Angela Merkel, wenn sie entspannt über Feminismus nachdenken kann. Tatsächlich aber ist bei so prominent besetzten Podien wie dem mit Frauen aus den führenden 20 Industrieländern in Berlin nicht der Nutzen für einzelne Teilnehmerinnen wichtig - sondern eine Lehre: Frauen brauchen einander, damit es nicht, wie Studien prophezeien, weitere 170 Jahre dauert, bis sie dieselben Chancen auf Bildung, Arbeit und Wohlstand haben wie Männer.

170 Jahre? Auch wenn diese Zahl furchtbar klingt, ist sie kein Anlass für Frauen, sich mit Wehklagen aufzuhalten. Stattdessen sollten sie die Botschaften ernstnehmen, welche die Erfolgsfrauen auf der Bühne dieses W-20-Forums in Berlin hinterlassen haben. Sie waren sich einig, dass es aus einem Grund künftig schneller gehen wird mit der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen am gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Leben: weil es die Chefinnen von heute selbst in der Hand haben, dafür zu arbeiten.

Und es tun. Die Botschaft ist ermutigend, weil sie von Frauen kommt, die sich ihren Aufstieg in ein politisches oder wirtschaftliches Spitzenamt selbst erarbeitet haben. Die mächtigste Frau Europas, die mächtigste Frau der Finanzwelt, eine Konzernchefin, eine Bankchefin und eine Außenministerin wissen, welche Hürden auf dem Weg an die Spitze liegen. Es geht dabei nicht nur darum, als Mutter künftig selbstverständlich arbeiten zu gehen und dem Vater oder der Kita die Kinder anzuvertrauen. Sondern auch darum, den Mut zu haben, übliche Grenzen zu übertreten.

Das Forum mit Ivanka Trump und Merkel lieferte viele Lehren

Das W-20-Forum hat eines eindrucksvoll gezeigt: Frauen brauchen die Motivation dazu; in manchen Ländern kann dies bereits das Beantragen einer Bankkarte sein; in anderen, einen Führungsjob zu beanspruchen oder öffentlich aufzutreten. Immer und überall aber ist es nötig, dass einige Frauen vorangehen, als Vorbilder agieren und anderen Frauen die Chance geben, die gläserne Decke zu überwinden.

Möglich ist das auf unterschiedliche Weise. Nicola Leibinger-Kammüller, die Chefin des Werkzeugmaschinen-Herstellers Trumpf, lehnt öffentlich eine Frauenquote ab. Aber in der Praxis hat sie sich das Ziel gesetzt, dass sie im Endausscheid um jede Stelle immer die Wahl zwischen einer Frau und einem Mann hat. Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), fördert hingegen öffentlichkeitswirksam. Sie hat so viele Frauen wie nie zuvor in beste Positionen gehoben. Zugleich setzt sie mit der Macht ihres Amtes durch, dass Frauen in Entwicklungsländern Zugang zu Krediten bekommen, um den Lebensunterhalt ihrer Familien zu erwirtschaften. Angela Merkel hat sich der IWF-Chefin zumindest ideell angenähert, wie in Berlin zu sehen war. Auf der Bühne griff sie spontan einen Vorschlag auf, bei der Weltbank einen Finanztopf einzurichten, aus dem ausschließlich Unternehmerinnen in Entwicklungsländern Kleinkredite erhalten können. Auch die Unternehmerin sprang ihr sofort bei.

Allianzen schmieden, einander fördern, Projekte durchziehen - all das führt zu mehr Gleichberechtigung. Spürbar helfen wird das aber nur, wenn die heutigen Chefinnen die Frauenförderung übernehmen (und die nicht länger den Männern überlassen). Es reicht eben nicht, dass männliche Chefs sich bereit erklären, Frauen auf unteren Ebenen zu fördern, aber gleichzeitig weiter die entscheidenden Jobs männlich besetzen. Wirklich ändern werden sich die Verhältnisse nur, wenn führende Frauen gezielt weitere Frauen in Spitzenjobs bringen. Um das klarzumachen, braucht es Frauenrunden wie die in Berlin.

© SZ vom 27.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: